Freitag, 25. Mai 2018

Zwei Marias für ein Halleluja - Klassiker der Extraklasse: Viva Maria! (1965)




Louis Malles »Viva Maria!« ist vornehmlich natürlich erst einmal ein Film (dafür ist er heute schließlich noch eingermaßen bekannt), in dem die beiden Filmdiven Brigitte Bardot und Jeanne Morau aufeinandertreffen. Sie beide heißen Maria und sind Rivalinnen, die sich gegenseitig übertreffen wollen als auch Partnerinnen, die gemeinsam in den Kampf ziehen gegen komische Diktatoren und ihr Militär. Das sind bei Louis Malle natürlich wieder (es ist Moreaus dritte, Bardots zweite Hauptrolle in einem Werk von Malle) starke Protagonistinnen, Frauen, die auch zurückschlagen mit ihren eigenen Mitteln, die wissen ihre Reize auszuspielen und die Malle dann bei diesem Film liebend gern hinter ein Maschinengewehr klemmt und sie abdrücken lässt. Dabei wandeln er und Jean-Claude Carriére auf den Spuren der Geschichte von Maria (Magdalena) und wandeln sie für ihre Handlung ab (nicht nur, in dem sie die Maria duplizieren). Auch die Geschichte dieses Filmes ist die Erzählung von den Huren (in Malles Film arbeiten die beiden Protagonistinnen zunächst als leichte Varietemädchen, die in ihrer gegenseitigen Rivalität einen Striptease erfinden), die zu Heiligen werden, also in diesem Fall zu Freiheitskämpferinnen des fiktives San Miguels.


In diesem Film steckt also auch der christliche Mythos begraben, den Louis Malle an einer Stelle auch deutlich an die Oberfläche bringt. Dieser Moment, zu Beginn der zweiten Hälfte des Films, in dem der Film dann auch sein nötiges Gewicht hält und die Motivation für seine Protagonistinnen vorgibt, stellt den Revolutionär Flores (George Hamilton) vor, dem ein Kreuz angebunden wurde und der in einen finsteren Kerker gehängt wird. Maria (Jeanne Moreau) verliebt sich in ihn, durchlebt eine heimlich Liebesnacht mit ihm. Dies stellt auch den zärtlichsten Moment des Films dar. Malle setzt diesen geschundenen Revolutionär in diesem Augenblick mit Jesus gleich. Bei der Flucht stirbt Flores, ermutigt durch seine Bitte, führt Maria seine Arbeit weiter und aus Louis Malles Werk wird dann endgültig auch ein Revolutionswestern, den er aber - wie beschrieben - überraschend ernst einleitet. Denn er lässt kurz und dezent Stille und Dunkelheit die Bilder einnehmen, scheinbar, um das Fundament für die weitere Geschichte zu bauen.


Denn vorher, wenn Maria und Maria mit der kleinen Varietetruppe auftreten, ziert den Film bei seinen Tänzen eine seichte Ausgelassenheit und eine lockere Leichtlebigkeit, zu der dieser Film aber auch schon wieder nach der Befreiung zurückfindet, auch wenn man dazu sagen muss, dass Malle diesen Film vielleicht gesetzter erzählt als man es von dem Regisseur von »Zazie« (diese visuelle Verspieltheit schimmert nur in eins bis zwei Sequenzen durch) erwarten würde. Dann ist er nämlich wieder die augenzwinkernde und fröhlich-freche Komödie, die man auch beinahe als Parodie auf gängige Revolutionswestern verstehen kann (denn von den Antagonisten geht hier gewiss kaum eine wirkliche Bedrohung aus, eher wirken sie wie aus einer Burleske entsprungen). Nur in wenigen Momenten verlagert sich der Ton des Films, dann aber auch nur fast unmerklich, denn sonst schreitet Malle, der es hier liebt Kurven zu fahren, heiter mit seinen Protagonistinnen voran und stürzt sich mit ihnen gewitzt in die Revolution, in der Tauben Handgranaten ins das Nest des Feindes fliegen und die Kirche ihre mitteralterlichen Folterinstrumente nicht reaktiviert bekommt.

6.5 / 10

Autor: Hoffman 

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