Samstag, 28. Januar 2012

Kurzkritik: "Battle for Haditha"



Haditha, eine in der Provinz al-Anbar gelegene irakische Stadt, erfuhr am 19. November des Jahres 2005 eines der schlimmsten Kriegsverbrechen der jüngeren Vergangenheit. Gegen etwa 7 Uhr Ortszeit detonierte eine in der Straße verscharrte Bombe unter einer Kolonne von Fahrzeugen der US-Marines. Die Explosion forderte das Leben eines Soldaten.

In den darauf folgenden Stunden töteten die Kameraden des gefallenen US-Marines 24 irakische Zivilisten, deren Beteiligung am Anschlag nicht begründ- oder belegbar waren. Unter den Toten befanden sich zahlreiche Frauen und Kinder. Die Aufspürungen der Bürger und deren Hinrichtungen geschahen jedoch nicht gegen die Befehle der leitenden, über Funk zugeschalteten US-Einsatzzentrale.

Diese Begebenheit als Ausgangspunkt eines Spielfilms? Definitiv ein Vorhaben, das sich auf dünnem Eis bewegt und allzeit einzubrechen droht. Aber „Battle for Haditha“ behandelt die Thematik mit Respekt, Vorsicht und vor allem mit der notwendigen Neutralität. Denn Regisseur Broomfield verfällt keiner eindimensionalen Betrachtungsweise, er entschließt sich zu einer komplexeren Auswertung der Ereignisse, bindet das Alltagsleben der irakischen Bevölkerung mit ein, filmt den Terror in den Straßen, aber lässt den Zuschauer auch in das blicken, was Soldaten im Inneren durchmachen. Die in die Geschichte eingebundenen Figuren wirken dabei lebensnah und verständlich, nicht befremdlich oder gekünstelt. Ihre individuellen Zeichnungen erfahren Hoffnung, Angst, Zwiespältigkeit und in bedeutendem Maße Ungewissheit über das richtige, falsche und zukunftsdenkende Handeln, welches allgegenwärtig ist. Der Film ist deshalb so enorm kostbar, weil er auf das verzichtet, auf was größere Ableger ähnlicher Streifen nicht verzichten wollen: unnötige Ausschmückungen. In Broomfields geschichtlicher Aufarbeitung ertönt keine pathetische Musik, aber er verfällt auch in keine Hasstiraden gegenüber der US-amerikanische Armee. 

„Battle for Haditha“ ist eine beeindruckende, in sich geschlossene Mischung aus Dokumentation und bewegendem Anti-Kriegsfilm, die genau weiß, wie weit sie gehen kann, aber auch, wann sie Grenzen zu setzen hat. Der Film ist nicht leicht, vielmehr anstrengend, aber dennoch um einiges massenkompatibler, als man vielleicht vermuten könnte. Und gerade deshalb gehört er ins Pflichtprogramm für all diejenigen, die sich mit den Konflikten auseinandersetzen wollen, deren Einklang psychisch einsetzt und in tobendem Wahnsinn endet. Keine leichte Kost, nicht unterhaltsam, aber das darf auch niemand erwarten.


 8 / 10

Autor: Iso

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