Freitag, 23. Dezember 2011

Klassiker der Extraklasse: Der dritte Mann





"Arbeiten sie zur Zeit an einem neuen Werk?" - "Ja, es heißt ´Der dritte Mann´." -"Ah, ein Roman, Mr. Martins." - "Eine Mordgeschichte, ich fange gerade an, ein Tatsachenbericht."-"Sind sie ein langsamer Arbeiter?" - "Nicht wenn es mich interessiert." - "Ist es nicht ein etwas gefährliches Unterfangen?" - "Ja." -"Eine Mischung aus Wahrheit und Dichtung."

Einer dieser Filme, die man nie vergessen wird. Meilensteine der Filmgeschichte. Als großes Kino gefeiert und bis heute regelrecht einzigartig. So gesagt Klassiker der Extraklasse. Für mich ist "Der dritte Mann" von Carol Reed aus dem Jahre 1949 nach einer Erzählung von Graham Greene, der wiederum gemeinsam mit Reed am Drehbuch mitbeteiligt war, nach dessen Stoff Greene auch noch einen weiteren Roman verfasste, ein solcher Film.

Die Story weiß so natürlich anfangs zu faszinieren, Schauplatz hierbei: Wien. 1948, in der Nachkriegszeit, ein zerbombtes Wien. Die Handlung an sich sonst clever gestrickt, schlau erdacht und auch im zeitlichen Kontext interessant gehandhabt, um Freundschaft, Loyalität, Verrat und die gesellschaftlichen Zuständen bzw. Umstände dieser Zeit und die Frage nach Moral und Vertrauen: US-Autor Martins reist nach Wien, um dort seinen alten Freund Harry Lime ausfindet zu machen, der ihn eingeladen hatte. Doch der soll anscheinend tot sei, so bleibt nur noch das Begräbnis, und in kriminelle Machenschaften verstrickt worden sein. Doch Martins will sich damit nicht zufrieden geben, forscht nach und lüftet so das dunkle Geheimnis seines Freundes...



Mit einer Besetzung ausgestattet, bei der wohl von vorne bis hinten alles stimmt, so zunächst auch Joseph Cotton, als amerikanischer Autor Holly Martins, in echter Hochform. Somit vielleicht sogar eine seiner besten Performances, präzise gespielt und sogar sympathisch dabei. So sucht er nach dem Licht, das seinen Weg erleuchtet, auf der Suche nach der gefährlichen Wahrheit, damit sich der Nebel lichtet. Um es endlich zu wissen, was geschah. Cotton dabei stets präsent und überzeugend, neben ihm noch Alida Valli als Lime´s Freundin Anna, die Martins bei der Suche nach ihm behilflich ist, emotional und auch hier mit aller Energie gespielt. Und auch Trevor Howard weiß mit souveränen Spiel als Major Calloway der Militärpolizei zu glänzen, der versucht Martins davon zu überzeugen, dass hinter Lime doch ein Verbrecher steckte, doch der Schriftsteller bleibt sich lieber selbst treu und forscht so lieber vorher selbst nach der Wahrheit, so kann man den Gegensatz beider Figuren fast als Rivalen sehen, somit es fast als ein Duell zwischen Howard und Cotton bezeichnen. Im Gegensatz dazu kann man die Beziehung zwischen Lime und Anna sehen, als Liebende bzw. das Liebespaar. Und so ergänzt sich zum Rest der Besetzung (sonst auch fein ausgewählt) als Harry Lime der einzigartige Orson Welles alias der dritte Mann, trotz geringer Screentime, stets so präsent wie nie, sein Auftritt wohl mitunter das Highlight des Ganzen und gerade seine seltenes Auftreten im Film, macht es doch gerade genau diese Auftritte so außergewöhnlich und seine Figur anfangs mysteriös, man denke hierbei allein  die gerade zu perfekt inszenierte Szene am Riesenrad,  wieder nahe bei hintersinnigen Ansätzen, doch bleiben gerade diese Minuten besonders im Gedächtnis, somit unvergesslich und Welles wie sonst auch genial.

"Überlassen sie das den Fachleuten, hinter allem lauert der Tod." - "Ich werde sie in meinem Buch zitieren."

Hinter der Kamera, auf dem Regiestuhl Carol Reed. Seine Inszenierung lässt sich wohl am besten mit dem Wort grandios betiteln, gemächlich, trotzdem über die vollständige packend wie auch hochspannend bzw. faszinierend erzählt, mit sehr viel Liebe zum Detail, sehr exakte Arbeit somit fast schon perfektionistisch angelegt und auch in Hinsicht der zeitlichen Umstände interessant und tiefgründig gestaltet, die Ausweglosigkeit der Menschen, deren Situation, denn Wien war am Ende. Er steigert die Spannung seines Werkes konsequent bis zur abschließenden und fantastisch gemachten Verfolgung in den kalten und finsteren Abwässerkanälen Wiens, was dem Werk selbstredend noch die Krone aufsetzt, ich würde hier wohl das Wort perfekt, erneut, gebrauchen. Und auch mit Symbolik wird hantiert, ob das nun einzelne Verweise in bestimmten Dialogen sein mögen, diese dazu ausgezeichnet niedergeschrieben wurden sogar teilweise mit zynischem und hintersinnigen Grundton, oder anderweitig, alles sehr stimmig und fasziniert, ungemein. Die Kamera selbst liefert dabei hervorragend gefilmte Bilder ab,  im Stile des deutschen Expressionismus, atmosphärisch dicht wie auch düster gehalten, auch hier fließt die Symbolik mit ein bzw. das Spiel mit den Schatten und der Beleuchtung, stilvoll und sonst natürlich wieder präzise gehandhabt und zudem noch größtenteils an Originalschauplätzen gedreht, welche selbstredend die großartige und fast unheimliche Atmosphäre noch unterstützen.



"Wer war ´der dritte Mann?" - "Mh, das sollte ich gar nicht trinken, ich mit meinem Magen."

Vergessen werden sollte dabei natürlich nicht ein weiteres Detail, welches vielleicht einer der Gründe ist, weshalb dieser Film (mal vom Klassikerstatus und allem Anderen, wie Welles abgesehen) noch heute als so unheimlich populär gilt, fast wie ein Mythos. Die Rede ist hierbei  selbstverständlich von Anton Karas und unvergessenen und einmaligen ´Harry-Lime-Thema´, auf der Zither komponiert, eingängig, aber nicht minder genial. So gesagt ein echter Ohrwurm und ein weiteres bedeutendes Highlight des Films. Eine Melodie, die Filmgeschichte schrieb.

Letztlich möchte ich dann nur noch sagen, dass "Der dritte Mann" wohl zurecht, zu den großen Meilensteinen der Filmkunst zählt, somit in der Hinsicht ein absoluter Höhepunkt, denn hier stimmt alles, für mich jedenfalls, von der ersten Sekunden an Hochspannung, Atmosphäre, eine unverkennbare Melodie und exzellentes Schauspiel, gewürzt mit hintergründigen zeitlichen Aspekten. Eindeutig ein bedeutender und wie auch herausragender Vertreter des Film noir, trotz der Tatsache, dass er aus Großbritanien stammt. Einfach ein Meisterstück.

"Denk daran, was Mussolini gesagt hat: In den dreißig Jahren unter den Borgias hat es nur Krieg gegeben, Terror, Mord und Blut, aber es gab Michelangelo, Leonardo da Vinci und die Renaissance. In der Schweiz herrschte brüderliche Liebe, fünfhundert Jahre Demokratie und Frieden. Und was haben wir davon? ... Die Kuckucksuhr!"



                                                  
10 / 10

Autor: Hoffman

1 Kommentar:

  1. Hab's nur in Auszügen gelesen, hört sich aber gut an (der Text, Film ist sowieso genial). Schönes Design übrigens.

    Gruß,

    Georg

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