»Wer nie sein Brot mit Tränen aß,
Wer nie die kummervollen Nächte.
Auf seinem Bette weinend saß,
Der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte.
Und so kann man aus vielen Gründen daraus schließen, warum Pasolini erstmal damals Missgunst und Verachtung erntete, vielleicht weil er gerade die Realität dokumentierte, in Hinsicht einer echten Tragödie, und dabei letztlich pessimistisch und absolut kompromisslos ist. Pasolini´s Geschichten von der Straße. Der herzlosen Straße, welche regiert von Prostitution, es gilt jenes Gesetz der Straße. In der heruntergekommenen Vorstadt Roms, dort lebt er, Vittorio, oder besser bekannt als Accattone. Er will ein Zuhälter der großen Klasse sein, doch wie das Leben ist - ohne Gnade - wird gerade seine einzige Prostituierte ins Gefängnis verfrachtet und nun steht er allein da, er begegnet Stella, verliebt sich in sie und doch scheint es keine Aussicht auf Hoffnung zu geben, für die Zukunft. Radikal, hoffnungslos und ohne Gnade - wie nun halt das Leben auf der Straße - so könnte man den Aufbau von Pasolinis Handlung beschreiben, zugleich faszinierend und stets ernüchternd, eine Passionsgeschichte. Eine Story für Pasolini, der er sich eindringlich annimmt, dabei wird anfangs zudem noch Dante´s göttliche Komödie zitiert und in den Kontext miteinbezogen.
Dreckig, schonungslos, trist, bedrückend - nichts anderes als die kalte Realität. Attribute, die Pasolini stets gekonnt in seinen Filmen präsentierte und sie so prägte, jenseits jeweiliger Stile seiner werten Kollegen. Und so bildet Pasolinis erster Spielfilm, um es nicht anders zu sagen, eine Geschichte der Straße und den harte Untergang eines ihrer Kinder. Schonungslos, facettenreich und gemächlich erzählt er und zeigt die trostlosen Umstände des Lebens, die sozialen Missstände und gewinnt so einen großen Grad an Intensität wie auch Authentizität, was nochmal besonders unterstrichen wird auf Grund der Laiendarsteller, welche Pasolini einsetzte. Und als stolzer Vittorio bzw. Accattone (was nicht anderes bedeutet als: »Schmarotzer oder Bettler«), welcher diesen Titel dennoch mit viel Ehre und Selbstgefälligkeit trägt, einen ruhmreichen Rang könnte man meinen, was so wiederum die soziale Situation in der Vorstadt Roms ungefähr wiederspiegelt und insofern auch den Charakter des Vittorio, anfangs schmierig, später verzweifelt, stets hervorragend von Franco Citti gespielt, welcher im späteren Verlauf auch mehrfach mit Pier Paolo Pasolini arbeiten würde. Eindeutig ist für mich dabei auch das er wieder eine triste wie auch trostlose, fast schmerzlich zu beobachtende Stimmung im Ganzen erschafft. Erwähnen möchte ich hierbei dennoch, dass insofern Pasolinis Film - wie so oft - kein leichter Stoff ist und mir hier doch bei letzterer Sichtung der wirkliche Zugang fehlte und so es auf mich einen Hauch schleppend wirkte - nur als Rechtfertigung, aber das war schon immer so bei Pasolini meiner Meinung nach, ein wirklicher Zugang ist dort oft schwer zu erfassen, man könne das auch auf seinen radikalen Stil zurückführen oder auf die Tatsache, dass er seinen Film doch recht distanziert betrachtet, welcher aber im Falle von "Accattone" mehr als glaubwürdig bzw. nachvollziehbar oder beklemmend ist. Dabei stechen meiner Meinung nach zweifelsfrei, einmal das Intro und der Einstieg in das Leben Vittorios als auch das brillante wie auch bedrückende Outro des Films heraus, wobei hier nochmal besonders beachtlich scheint, gar fast als Ironie des Schicksal könnte man es sehen, dass letztenendes sein Film (sein Hauptprotagonist im Verlauf des Lebens) insofern fast Parallelen zu Pasolini selbst aufweist. Eine echte Tragödie.
So setzt Pasolini hier einmal zudem auf eine christlich angehauchte Symbolik, im Sinne der Erlösung und der Bekreuzigung, und war es Pasolinis klares Ziel, wie er selbst einst meinte, sein Film seie absolut hoffnungslos gestaltet. Der Tiefsinn also vorhanden. Die Realität spiegelt sich in Pasolinis Bildern wieder, wie gesagt trist, kalt und trostlos, so gewinnt sein Film fast neorealistische Züge, bebildert dabei intensiv und staubig, eine körnige und grobe Atmosphäre, die Bildersprache des Films mehr als eindrucksvoll und selbstredend wie anderswo erwähnt symbolisch angeheizt, angetrieben von Pasolinis Konsequenz die absolute Hoffnungslosigkeit zu bebildern oder zu dokumentieren. Es ist schon bedrückend, all dieses Elend. Besonders wird jene Tragik des Accattones auch noch mal durch die Musik, wobei Pasolini hierbei auf Johann Sebastian Bach vertraut und mit jenem Einsatz seine Intention verdeutlichen will, ein brillanter Einfall.
Abschließend bleibt Pasolini´s Film "Accattone" für mich zwar gerade letztenendes schwer zugänglich, aber nicht minder eindrucksvoll oder gar beklemmend, klar ein doch schwerer Film, die Schilderung der erbarmungslosen Realität, der Passion des Accattones und letztlich eine echte Tragödie ohne jedwede Hoffnung zu deuten. Aber für mich auch eindeutig ein ausgezeichntes, beklemmendes und dreckiges Meisterstück von Pasolini und seiner Zeit arg unterschätzt und missachtet.
8.0 / 10
Autor: Hoffman
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