Hochgradig effektiv und fesselnd, ich erinnere mich noch zu gut, erste Reaktion nach der Uraufführung im privaten Heimkino: "Wow, that´s what I call a damn surprise!" Gerechnet habe ich mit einem harmlosen Krimi von der Qualität einer besseren Direct-to-DVD-Production, bekommen habe ich einen richtig guten, richtig spannenden Nägelkauer mit originellem Plot und faszinierendem Storytelling.
Die komplette Laufzeit spielt sich in einer trostlosen, verregneten Nacht ab, größtenteils auf dem englischen Motorway. Hauptprotagonist Zakes Abbot (William Ash) glaubt während einer Autofahrt in dem Lastwagen vor ihm eine nackte, eingesperrte Frau gesehen zu haben. Nach einem Streit mit seiner Freundin hält er an einer Raststelle, wo Beth sich von ihm trennt. Zu spät realisiert er, dass der ominöse Trucker, der hier ebenfalls einen Stop eingelegt hat, nun auch Beth (Christine Bottomley) in seiner Gewalt hat. So stürzt sich Zakes notgedrungen in eine verzweifelte Verfolgungs- bzw. Rettungsaktion, bei der er diverse fremde Autos knackt und immer wieder Gefahr läuft, besagten Laster aus den Augen zu verlieren.
Mögen auch ein paar Kniffs beim Drehbuch zu offensichtlich die Situationen zuspitzen, sie erweisen sind als überaus packend. Finstere Bullen, ein Haken nach dem anderen, das vorgelegte Tempo erlaubt keine Verschnaufspause.
So hundsgemein wie hier an der Spannungsschraube gedreht wird, das erlebt man auch nicht alle Tage. Twisted, düster, dynamisch, ein haarsträubendes Katz-und-Maus-Spiel, das die Pumpe zum Rasen bringt. Keine lächerliche Brutalität over the top, aber trotzdem ist der Trip einigermaßen rigoros und hart. Eine Atmosphäre so dick, dass man durch sie hindurch schneiden könnte. Die diffuse Beleuchtung, die bedrückende Frage "Was zum Teufel geht hier eigentlich ab?", der Zeitdruck und die Hilflosigkeit sorgen für ordentliches Herzklopfen. Eine Begeisterung entfachende Bild- und Tonsprache, wie sie bei Independent Movies ja häufiger der Fall ist, nervöse Steadicam, abgedrehte Winkel, coole Farbsättigung, stylische Verschwimmeffekte, ein blechern-pulsierender Soundtrack, der in Richtung Garagerock geht.
Glaubwürdige Jungdarsteller, ein berauschender William Ash in der unfreiwillig tragenden Heldenrolle, seine Emotionen, seine Mimik, sein Handeln ist unglaublich mitreißend. Es ist schlicht elektrisierend zu beobachten, wie er ganz auf sich alleingestellt binnen kürzester Zeit sich gezwungen sieht, den Trucker zu finden, der bereits mehrere junge Frauen verschleppt hat. Die Polizei steht ihm eher im Weg oder ist gleich korrupt, sodass er auch auf deren Hilfe nicht zählen kann. Zakes entpuppt sich in der einen Nacht als echter Held, ein Held mit Angst und Fehlern, blutend, weinend und orientierungslos vielleicht, aber ein Held, jemand der für den Menschen, den er liebt, alles auf eine Karte setzt und für diese eine Person sein Leben riskiert. Identifikation mit einer Filmfigur hat mir selten leichter gefallen.
Da sehe ich wohlwollend über das unbefriedigende Ende hinweg, bei dem viele Fragen offen bleiben, eine Motivation des Bösewichts wird völlig ausgespart, was schon schade ist und "Hush" vom Prädikat "Meisterwerk" abhält.
Aber ansonsten darf dem Freund von ungewöhnlichen Thrillern und britischen Indieproduktionen hier eine bedenkenlose Empfehlung ausgesprochen werden.
William Ash will ich ohne Wenn und Aber wieder auf der Leinwand sehen und Mark Tonderai darf vom Regieposten aus und als Drehbuchschreiber sehr gerne wieder zuschlagen.
Ein kleiner, dreckiger Reißer, gemein und atemberaubend!
7,5 / 10
Autor: seven
Wenn's recht ist, werd' ich euren Blog drüben bei mir verlinken. :)
AntwortenLöschenKlar, gerne. Dankeschön!
AntwortenLöschenvielleicht habe ich einen anderen gesehen aber mir hat der nicht gefallen :/
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