Montag, 13. Februar 2012

Kritik: "Brügge sehen... und sterben?"


Nach der Sichtung von „In Bruges“ war ich nicht ernüchtert, konnte mir aber zunächst keinen Reim auf die unmittelbar zuvor gesehenen Bilder machen, denn die besaßen eine Ausstrahlung, mit welcher ich im Vorfeld nicht übermäßig oft, wenn dann auch nur im zarteren Format, konfrontiert wurde.  

Lässt man sich von Beginn an von Martin McDonaghs Film entführen, könnte man einstweilen von einer garstig-schwarz-humorigen-Komödie ausgehen, die den Mund dann aufreißt, wenn es ihr passt – und das kann (für den Außenstehenden) brüllend komisch sein. Dies ist aber nur ein Auszug dessen, mit was „Brügge sehen… und sterben?“ aufwartet. Das Werk ist enorm vielseitig, erfindet sich zwischenzeitlich immer wieder neu und reicht vom leisen, bedachten Krimi bis zum wehmütigen Drama mit einer warmen, hell am Horizont aufleuchtenden Liebesgeschichte. 

„In Bruges“ schockiert zuweilen mit kompromissloser Härte, welche es den Zuschauern ermöglicht einen offeneren Standpunkt zu den Protagonisten einzunehmen, weil man dadurch ungeschönt und hautnah in Erfahrung bringen kann, weshalb eine Person so denkt, wie sie denkt. Im Gegensatz dazu stehen die ruhig-bedrückenden Szenen, die sich von tollen charismatischen Gesten und Mimen untermalen lassen. Selbst ein Colin Farrell, der mich in jüngster Vergangenheit nicht selten mit seinen Darbietungen kalt gelassen hat, beweist in diesem Film, dass er ein guter, auch durchaus tragender Charakterdarsteller sein kann, der Gefühl, Originalität und Komik in seine Figur überzeugend und sehr wandlungsfähig einbringt – das Drehbuch leistet hier aber auch schon bemerkenswerte Vorarbeit. Brendan Gleeson, der Farrells gegensätzlichen Partner spielt, ist ebenso schrullig-grandios wie Ralph Fiennes als fies-fluchender Chef der Auftragsmordabteilung. Clèmence Poècy als Chloë hinkt dieser führenden Riege leider etwas nach.

Regisseur McDonagh entwarf mit diesem Werk etwas sehr für sich stehendes, das angenehm erfrischend und skurril ist, vor nichts Halt macht und mit den trüben, aber gemütlichen Wintertagen Brügges, die absolute Faszination ausstrahlen, ein atmosphärisches Gauner-Abenteuer abrundet. „Brügge sehen… Und sterben?“ ist ein wunderbar unaufdringlicher Ausflug dreier grandios aufspielender Darsteller vor malerischer Kulisse. Und die ist mehr als nur eine nette Beifügung zum Gesamten, denn das Drehbuch verwurzelt Kultur und Schönheit der belgischen Stadt ausgezeichnet in der zu erzählenden Geschichte, welche von einem feinfühligen Soundtrack unterstützt wird. Oder um es mit den Worten Kens (Brendan Gleeson), äh ich meine Rays (Colin Farrell) zu sagen: „Ich weiß, ich bin wach, aber ich fühle mich wie in einem Traum.“ Eine Beschreibung, die auch auf den märchenhaft nebligen Dunst zutreffen könnte, der sich durch „In Bruges“ und dessen Inneres zieht. Großes europäisches Kino.


8 / 10
Autor: Iso

2 Kommentare:

  1. Absolute Zustimmung. Ganz großartiger Film! :)
    Habe ich auch erst gesehen und Poecy muss nicht gut schauspielern können, denn sie ist süß, sehr sogar. ^^

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  2. Ich steh nicht so auf blond. :-P
    Aber schön, dass er Dir auch gefallen hat, war auch wirklich überrascht, zumal er inner TV-Movie war und dort meist nur billiger Schmodder drin ist.

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