Samstag, 4. Februar 2012

Kritik: "A History of Violence"



 Cronenberg schildert mit „A History of Violence“ die Verwüstung ganzer familiärer Seelen, die er aber in Umfelder einbezieht, deren Schönheit und kleinbürgerlicher Glanz das refklektieren, auf das es sich vermeintlich hinzuarbeiten lohnt. Verschwommene Erinnerungen und dunkle, bedrohliche Gedanken graben sich aber durch dieses Ideal, durch die äußerliche Vollkommenheit des Lebens, welches man vorgibt zu besitzen, das jedoch nur dazu dient, um das hoffentlich bald Vergessene ungeschehen zu machen. 


„A History of Violence“ dechiffriert das amerikanische System mit eiskalten Bildern gewaltentladener Prozesse, die unangenehme Themen ansprechen, nie aber zum Selbstzweck verkommen. Die erzählerische Wohltat des Films ist, dass er im Gegensatz zu seiner schweren, blutig-bösen Thematik die innere Ruhe in sich trägt, wodurch drastische und verheerende Szenen noch mehr Schmerz, Hass und Angst besitzen, als ohnehin schon im Drehbuch verankert. 

Dabei ist die Familie Stall, die den Kern der Geschichte ausmacht, keine oberflächliche Betrachtungsposition, sondern eine ungeschönt, dadurch allerdings wahrhaftig intensiv und psychisch mitreißend potraitierte Gesellschaftsformation, die nicht in das saubere Bild unseres Erstrebens passen mag, letztlich uns alle aber irgendwo betrifft. Regisseur David Cronenberg vermischt Drama mit Thriller, besitzt die Fähigkeit Zuschauer von äußeren Betrachtern zu unmittelbar involvierten Elementen von Handlung und Ort zu integrieren. Das heißt „Schmerz“, im Gegenzug jedoch auch besonderes „Mitfühlen und Erleben“.

Viggo Mortensen, als Vater der betroffenen Familie und als bedeutender Miterzeuger von vergangener und wiederkehrender Gewalt, wandelt mit seiner Figur allzeit auf schmalem Grat und Teufelsklinge, verfällt – wenn auch widerwillig – ins für ihn gedachte Abgeschlossene zurück, versucht aber gleichzeitig standhaft zu bleiben. In das Dasein eines solchen Menschen einzutauchen ist nicht leicht, findet aber durch Mortensens Respektierung gegenüber der filmischen Figur eine glaubhafte, angsteinflößende Besetzung, die kaum besser die innere als auch äußere Zerstörung eines idyllisch kleinen, scheinbar unbedeutenden Lebens hätte darstellen können.


 „A History of Violence“ ist eine Erfahrung, die ich bisher nur sehr, sehr selten erleben durfte, es war kein Genuss, kein Spaß, aber etwas Wichtiges. Voraussetzung ist die Geduld für Ruhe und die benötigte Kraft, um fordernden, anspruchsvollen und kaum unterhaltsamen Stoff absolvieren zu können. Ist man in der Lage dies zu tun, dann wird man Zeuge eines Films, dessen Ausmaß weit über das übliche Kino hinausgeht.

  
9 / 10

Autor: Iso

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen