Mittwoch, 28. September 2011

Kritik: "Was vom Tage übrig blieb"

Es gibt manche Bücher, bei denen man beim lesen denken könnte, dass diese in Zelluloidform unmöglich umzusetzen wären, was es da nicht alles für Beispiele gebe. Wahrscheinlich bekannte Beiträge wären dazu "The Lord of the Rings", "American Psycho", "Stadt der Blinden oder auch "Der ewige Gärtner", was es da nicht alles für Alternativen gebe, es gibt natürlich durchaus geglückte Werke, überraschenderweise sogar manchmal mehr als man selbst denken mag, auch wenn dies selbstverständlich stets Geschmackssache ist, dennoch gäbe es eben genau auf der anderen Seite doch gescheiterte Versuche. Nun bleibt für uns zunächst die Frage offen, ob die Verfilmung, vom britischen Meisterregisseur James Ivory aus dem Jahre 1993, des Romans "Was vom Tage übrig blieb" von Kazuo Ishiguro geglückt ist.  Immerhin gute Vorraussetzungen hatte er, dennoch war bei mir große Skepsis angesagt, denn man kann eindeutig sagen, dass das Buch doch in gewisser Weise als unverfilmbar gelten könnte.

Nun gut, wie immer erstmal wieder zur Story, eine hervorragend ausgearbeitete Geschichte, mit vielen interessanten Aspekten präsentiert, eine Story um Liebe, um Aufbergehren, um Pflichten und deren Aufgaben, um unterdrückte Gefühle und verpasste Chancen im Leben, die am Ende zu tragisch scheinen, anspruchsvoll: Wie befinden uns kurz gesagt im England der 30er Jahre: Lange wartete er, der steife Butler Stevens hat rund 20 Jahre auf dem Darlington Hall verbracht, eine lange Zeit, stets begegnete er den Avancen der Hausherrin kühl, doch langsam spürt er, dass er diese Gefühle nicht mehr unterdrücken kann.


Der Top-Cast steht dazu natürlich noch auf der langen Liste. Besonders hier erbringen die Hauptdarsteller wahrhaft echte, schauspielerische Jahrhundertsleistungen, da seien selbstredend der gnadenlos brillante Anthony Hopkins gelobt, der hier sein Schauspiel perfektioniert, mit einer unglaublichen Intensität beim spielen dabei, verleiht er seiner Figur nicht nur Tiefgang, Einfühlsamkeit, nein er verleiht ihr auch das Wichtigste Glaubwürdigkeit, man hätte niemanden besseren finden können als Hopkins für die Rolle des alternden, steifen und kühlen Butlers Stevens, so jedenfalls meine Meinung, fast schon elektrisierend könnte man sagen. Neben ihn dann noch eine genauso herausstechend agierende Emma Thompson als Miss Kenton, die Haushälterin. Famos von ihr gespielt, sehr intim zeigt sie sich in ihrer Rolle und gleichzeitig auch sehr leidenschaftlich bei der Sache. Aber auch der Rest des Ensembles wurde vorzüglich ausgewählt bzw. weiß zu glänzen mit (als Beispiele) James Fox, Christopher Reeve, Ben Caplin und Hugh Grant, alle überzeugend, auch wenn man dies bei manchen nicht wirklich glauben mag, aber so ist es nun mal.

Weiterhin ist Ivorys Regie noch (wie eigentlich schon immer) herausragend, faszinierend und durchaus auch fesselnd (irgendwie) überbringt er seine Story, auch wenn an dieser Stelle noch kurz erwähnt sei, dass es dann für mich auch einige Längen gab, die insgesamt aber nicht das Gesamtbild dieses gelungen gestaltenen Sittengemäldes ankratzen konnten oder gar schädigen, denn es bleibt die intime und meisterhafte Erzählweise, präzise analysiert Ivory dabei seine Figuren, bis auf das minimalste Detail beleuchtet er sie und bringt zudem in seiner Story noch einige politische Aspekte unter, stets sehr ruhig und gemächlich, der Tag verrinnt nicht, denn was bleibt sonst noch von ihm? Ein sehr bewegender Stil, der hier an den Tag gelegt wird.
Des weiteren liefert auch die Kamera großes ab, exzellent gefilmt, sehr edel jedes einzelne Bild, demnach wird eine grandiose und authentische Atmosphäre erzeugt und dazu das Ganze noch mit einer tollen und stilvollen Optik verziert, sehr klassisch bebildert, wunderschön.

Die Charaktere noch genial gestaltet, sehr vielschichtig, offenbarten sich mir die Fehler des Butler, nach langerSicht sieht er seine Fehler. Wünscht er könnte sie ungeschehen machen. Einfach ganz große Klasse ihre sehr exakte und genauso Zeichnung mit vielen tiefgründigen Hintergründen, sehr fein gemacht. Vergessen werden dürfen natürlich auch nicht die toll und intelligent geschriebenen Dialoge, die so man als genauso edel und glänzend beschreiben könnte wie die Ausstattung bzw. der Film selbst.
Zusätzlich wird das Werk noch von einem sehr rührenden, einfühlsamen und exquisit komponierten musikalischen Untermalung von Richard Robbins, der die Emotionen der Protagonisten doch tief in sich zuvereinen weiß, sehr schön.

Es ist also geschafft, James Ivory und sein starkes Team haben es also geschafft. Geschafft jedenfalls meiner Meinung nach. Geschafft aus dem Roman einen unglaublichen Film zu zaubern, eine tiefgründige Charakterstudie mit interessanten psychologischen Details, auf die hier besonders geachtet werden. Wenige Worte finde ich dafür noch: Herausragend, das beim besten Willen. Eine gelungene beziehungsweise für mich herausragende Literaturverfilmung mit überragenden Akteuren.


  9 / 10

Autor: Hoffman

2 Kommentare:

  1. Tolle Rezension, vielen Dank dafür. Wirklich ein gutes Beispiel für eine geglückte Literaturverfilmung, was vor allem auch an den Hauptdarstellern liegt. Auch die Vorlage trägt natürlich das ihre dazu bei (meine Rezension dazu: http://www.leselink.de/buecher/psychologischer-roman/was-vom-tage-uebrigblieb.html), und der Film schafft es tatsächlich, die melancholische Stimmung und die Figur des Stevens entsprechend darzustellen.

    AntwortenLöschen
  2. Bitte gerne geschehen und danke sehr fürs Lob. Ich finde an sich eh das Ivory sehr präzise seine Verfilmungen von Büchern (auch gut: Wiedersehen in Howards End; Zimmer mit Aussicht - beide Vorlagen von Edward M. Foster) anlegt und ihre Stimmung ideal in seinen Film aufzeigt.

    AntwortenLöschen