Samstag, 29. Oktober 2011

Kritik: "Ananas Express"

"Gib Stoff Mann, mit dem Wald bin ich fertig."

David Gordon Green feuert keine Innovationspatronen ab. Geistig unterbelichtete Karikaturen im amerikanischen Underground, Drogenplot mit Paranoiaspritze, Buddyaction und ausschweifende Dialogketten: Das gab es alles schon. Der Einstieg ist ein merkwürdiger Vergangenheitskursus, ein Hybrid aus Film Noir-Stilistik und "American Pie"-Peinlichkeit, der die Entwicklung des Superjoints (Ananas Express genannt) einfängt. In der Gegenwart geraten die notorischen Kiffer Dale Danton und Saul Silver (Alliteration an die Macht) in das Schussfeld eines Drogenkriegs zwischen chinesischen und amerikanischen Auftragskillern. Davor, dazwischen und danach seitenlanges Gerede über die Dreierpotenz des Prototyps von Zukunftjoint, das Aufspüren von Handys per Infrarotraketen und Fake-Herpes als Notlüge. Ein hispanisch-afroamerikanisches, deutlichst an "Pulp Fiction" angelehntes Gangsterduo zetert wie ein trautes Ehepaar und hat keine Scheu vor deplatziertem Tränenfluss. Gangster sind auch nur Menschen, keine revolutionäre Erkenntnis. 

Trotzdem funktioniert "Ananas Express" zum Großteil fantastisch, denn die Chemie zwischen dem Cast ist perfekt. Seth Rogen spielt (mal wieder) sich selbst, arbeitet als Gerichtszusteller, plädiert für die Legalisierung von Marihuana und Freundin Angie geht noch zur High-School. Nicht wiederzuerkennen, dicht bis in die Haarspitzen und als komplettes Anti zum Yuppie Harry Osborn in der Spinnentrilogie konzipiert blüht James Franco als philosophisch anmutender Dealer Saul auf. Baggystyle, Hippiemähne, verträumter Blick und nicht zuletzt wahnwitzige Phrasen, bei denen man sich ständig fragt, wie es technisch möglich ist, so viel Blödsinn auf einmal zu labern. So, als habe er ganz Woodstock aus den Brüsten seiner Mutter gesaugt. Danny McBride ist der heimliche Star als bizarrer Zwischenmann Red mit Hang zum Extraordinären und sorgt für einige der erinnerungswürdigsten und krassesten Szenen seit Langem in der Geschichte der Komödie. Die Fightszene in seinem Haus ist abartig skuril, im Grunde hochbrutal und zum Schreien komisch. Vor allem, da man im Chaos aus Eiertritten, Gehirnerschütterungen und Schmerzensschreien auch noch Zeit findet, hochtrabende Weisheiten kundzutun. 

Diese perfektionierte Dämlichkeit (Kommunikation bewegt sich immer auf der Ebene zwischen geschmacklos dumm und verboten genial) wird stolz zur Schau getragen und vermischt sich mit einem satten Schuss Anarchotollwut. Angie (Amber Heard nicht nur sexy, sondern auch witzig) bohrt Saul eine Gabel in die Schulter. Saul ist froh, dass er in die Tinte von Dale getunkt hat. Dale nimmt Red mit einem Topfkaktus als Mikrophonersatz ins Kreuzverhör. Red kriegt ein halbes Dutzend Kugeln ab, bricht sich halb den Hals, backt zum Gedenken an seinen verstorbenen Kater einen Geburtstagskuchen und schwingt sich samt Halskrause schlussendlich zum Heldentempel empor. Das bleibt trotz der Kifferklischeess immer sehenswert. Auch die Massen an anzüglichen Metaphern und peinlich-vulgären Wortspielchen können das nicht verdecken. Denn es geht am Ende eben nicht um Drogenkonsum, sondern um wahre (Männer-)Freundschaft. 

7 / 10

Autor: seven

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