Montag, 20. Februar 2012

Kritik: "The Machinist"


Der ausgehungerte Anblick des sich durch düstere Gemäuer ziehenden Trevor Reznik ist einer, den ich nicht so schnell vergessen werde, war es doch eigener körperlicher Schmerz, der mich überfiel, als sich der Protagonist im Spiegel ansah, sich wiegte, sich streckte und erkannte, dass sein Gewicht weiter sank. Es war die geringe Diskrepanz zwischen Christian Bale und seiner verkörperten Person, die mich zusetzte, die mich fragen ließ, wie das Gefühl eines solchen Zustandes wohl sein müsse. Als Trevor Reznik (Christian Bale) seiner einzigen Vertrauten, einer Prostituierte, verriet, er könne seit einem Jahr nicht mehr schlafen, war das die Erklärung für sein krankhaftes Aussehen, das von nichts als hungerndem, zugesetztem Leid geprägt war, aber nicht des Rätsels Lösung für das, was noch kommen sollte. 


The Machinist“ ist ein finsteres Kammerspiel eines Mannes mit sich selbst und eine Studie diabolischen Misstrauens zu dessen Nächsten. Niemand kann seine Ängste und den in ihm befindlichen Wahnsinn nachvollziehen, denn ist er der alleinige Geplagte, der Nacht für Nacht mit offenen Augen jeden einzelnen Schritt des tickenden Sekundenzeigers wahrnimmt. Christian Bales unerbittliche Performance dieses ausgelaugt-kranken Menschen hat nicht nur einen schauspielerisch explosiven Impuls, sondern verdient gleichzeitig höchst respektvolle Anerkennung, hat er sich doch vor Drehbeginn selbst an seine körperlichen Grenzen gearbeitet, um ein möglichst glaubwürdiges, fast schon dokumentarisches Bild seines Schlafentzugs und Krankheitszustands abzuliefern – was ihm auch phänomenal gelungen ist. 


Womit ich allerdings weniger zufrieden bin, ist die grundlegende Schlichtheit und Einfältigkeit der in „The Machinist“ gelieferten Handlung. Die Geschichte dümpelt oftmals in mittelmäßigen Gewässern, kann maximal durch ihre unvorhergesehenen Einschübe etwas an fehlender Fahrt gewinnen.  Das, was als große Auflösung verkauft wird, scheint mir ein in letzter Not gefundener, wenn auch zugegeben wirkungsvoll-emotionaler Schachzug, der die Komplexität oberflächlich banal zu vorherigen Ereignissen herstellt, ohne deren entsprechende Bezüge besondere Nachwirkungen zu verleihen. Der Kern von Brad Andersons Maschinisten ist keine große Spielerei, wird nur als solche verkauft – auch bei der schlussendlichen Auflösung des Mysteriums. Überraschende Wendungen und vor allem auch recht atmosphärisch-mitreißende Spannungseinlagen können diese simpel verflochtene Geschichte einigermaßen retten und sie immer wieder aufraffen, selbst wenn ich mich nicht dazu bereit erklärte, ihre Naivität zu vergessen.


Was „The Machinist“ aber noch als ein gelungenes Stilmittel anzurechnen ist, ist die farblich sehr kontrastreiche Präsentation. Wenn sich der Lichteinfluss wie eine grelle Auslotung letzter Kräfte anfühlt, dann hat man in einem solchen Fall alles richtig gemacht, was man hätte richtig machen können. Auch die nächtlich-bedrohlichen Farbkompositionen, besonders wenn künstlicher Lichteinfall zum Einsatz kommt, ist ganz große Klasse und ermöglich eine enorme Identifikation zu Trevors Charakter. Eine grundlegende Abneigung kann ich gegenüber des Maschinisten demnach nicht aufbauen, denn er macht zu viel richtig, um nicht im Kopf zu bleiben, leider aber auch zu viel falsch, um ihn gerne im Kopf zu behalten. 


6 / 10

Autor: Iso

2 Kommentare:

  1. Mhm, hört sich ja nicht so doll an. Wollte den eigentlich aufnehmen, wenn er demnächst läuft. Mal schauen, auf jeden Fall sehr eloquent kritisiert - wie immer eigentlich.

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  2. Anschauen würde ich ihn mir auf jeden Fall, denn alleine Bales Vorstellung sollte man mal gesehen haben! Und letztlich kommt's ja immer auf den individuellen Geschmack an.
    Und danke Dir, hört man gerne. :-)

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