Mittwoch, 28. März 2012
Klassiker der Extraklasse: Wenn die Gondeln Trauer tragen
Vorlage: Eine Kurzgeschichte von Daphne du Maurier. Dazu die Gassen von Venedig, die Mystik der Stadt als Kulisse. Man hörtet die Glocken leuten. Und doch fragt man sich: Warum tragen Gondeln Trauer? Doch ich bitte jetzt nicht zu schauen. Denn Visionen zeigen die Wahrheit und es wird kontrovers. Denn wovon wir hierbei reden ist "Wenn die Gondeln Trauer tragen" von Nicolas Roeg aus dem Jahre 1973, bis heute besonders berüchtigt wegen jenem Verschmelzungsakt von seinen beiden Hauptakteuren, der dem Schein nach nicht mal gespielt sein soll. Provokanter Stoff. Neben der explizit und nahezu symbolisch zunehmenden Sexszene beinhaltet der Film selbstredend mehr, weitaus mehr. Eine Reise und gleichzeitig ein Psychotrip, in der die Farbe »Rot« dominiert und uns den Alptraum der vergangenen Schatten zeigt.
Man zeigt die Reise ins Reich der Toten und Illusionen. Die Parapsychologie ist allseits präsent und unter schaurigen Symbolen beginnt man zu verstehen. Roeg spielt spielt insofern nahezu mit den Erwartungen der Zuschauer - man selbst spekuliert, wie der Film münden wird - um letztlich seine Auflösung des Films schockierender zu präsentieren als man es je vermutet hätte, sodass einem der kalte Schauer über den Rücken läuft und die Gänsehaut spürbar ist, unvorhersehbar und brillant ausgeklügelt, so meinerseits. Und schon zu Beginn enthüllt uns Roeg das Unheil seiner Geschichte mit einer mitunter famos gezeigten Symbolik (ein Paradebeispiel), das fesselt wie fasziniert. Der Tod der eigenen Tochter durch einen Unfall, so geht es dem Eheparr John und Laura Baxter. Man könnte meinen, man hätte es vorhersehen müssen. Was zählt ist die Farbe »Rot«, der rote Regenmantel der Tochter wird zur Scherbe der Vergangenheit und gleichzeitig zum Symbol der Tragik, die Roeg in seiner Konsequenz ansteuert. In Venedig dann, der Stadt der Gondeln und fallenden Engel begegnet man dann zwei seltsam gesinnten Schwestern (unheimlich: Hilary Mason & Clelia Matania), welche behaupten Kontakt zu der verstorbenen Tochter zu haben, der erneute Beginn eines leibhaftigen Alptraums, in denen Hauptrollen - perfekt besetzt - mit dem grandiosen Gespann Julie Christie und Donald Sutherland, beide auf höchster Ebene faszinierend und stark spielend, als John und Laura Baxter, die in Venedig insofern auch Zeugen seltsamer und unheimlicher Vorfälle werden. So erlebt man einen Zog der Mysterien, es kommt zu surrealistisch angehauchten Sequenzen und letztlich überzeugt der Film, trotz seiner gemächlichen Erzählung, gerade durch seine subtil-bedrohliche Grundstimmung, welche vielleicht noch bis zum überragenden Finale wächst. Immer mit kleinen Fährten, Einschüben und allzu sehr geliebten Gänsehautmomenten bereit man Spannung perfekt auf, eben typisch »Old-School«, hervorstechend dabei stets die fantastischen und intensiv gefilmten Schockmomente, was bei solchen Filmen fast nach einer Heiligsprechung verlangt.
Stilvoll inszeniert man zudem die makaber erscheinenden Unfälle, hierbei auch mit leicht-altmodischen, aber liebenswürdigen Grusel-Touch zeigt sich die Kulisse der Stadt Venedig als großes Nest jedmöglicher Symbole - faszinierend dargeboten, von Flügeln über Staturen und selbst die Brücken finden ihren mysteriösen Einsatz und selbst das kleinste Detail führt letztlich zur insofern auch bedrückenden, aber konsequenten Wendung des Films. Weiterhin gewinnt die Bildsprache an sich, wie mehrfach bereits vergöttert, hierbei eine weitere besondere Bedeutung, hierbei sei die Farbgebung im Kontext eines blutroten Gewandes erwähnt und so umgibt diesen Film doch eine erstaunlich mysteriöse und zugleich verstörende wie auch beängstigende Atmosphäre, zudem angereichert mit einer ambivalent gehaltenen Bildersprache. Daher prägt den Film zudem auch eine gewisse Schönheit, ein gar verwirrendes Gefühl und letztlich fühlt man sich doch hilflos gefangen, während die Glocken Venedigs leuten und die Gondeln Trauer tragen. Letztlich ein schauriges Glanzstück des mysteriösen Kinos, vergoldet mit bedrohlich-edler Symbolik.
8.0 / 10
Autor: Hoffman
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Schönes Review. Wenn die Gondeln Trauer tragen zählt zu meinen Lieblingsfilmen und mir hat besonders die Thematik der Trauerbewältigung neben der Symbolik und den unheimlichen Inhalten gefallen, welche durch Venedig und der Todesursache Ertrinken nachvollziehbar immer wieder zurückkehren. Auch Johns Visionen und die Parallelen zum Ende des Films sind großartig in die Handlung integriert worden, ohne zu künstlich zu wirken. Als besonders interessant empfand ich Johns innere Zerrissenheit, da er nach wie vor um seine Tochter trauert, jedoch nicht an übersinnliche Einflüsse glaubt, während seine Frau hofft, dass die Tochter nach dem Tod weiterexistieren könnte. Er selbst ist jedoch ebenfalls unsicher und seine Zweifel werden auf die Probe gestellt. Die Farbe Rot als ominöses Zeichen während der Handlung ist ja bereits in den ersten Minuten vorhanden und wurde konsequent durchgesetzt. Durch die vielen Schatten, surrealen Spiegelungen und verwinkelten Gassen bietet sich Venedig perfekt für eine unheimliche Atmosphäre an.
AntwortenLöschenDanke sehr fürs Lob.
LöschenUnd absolut nachvollziehbar und in dem Sinne auch so wunderbar vielseitig interpretierbar. Allein in die berüchtige Szene. Eh ein ungemein faszinierender Film vielleicht sogar im Nachhinein umso deutlicher. Bzw. richtig man hätte kaum einen besseren Platz wählen können, da Venedig an sich auch eine Stadt voller Symbole und Mysterien.
Schmackhaft wenn ich schon wieder dran denke. :)
Siehste, ein wenig kompakter und präziser auf den Punkt gebracht, schon wirken deine Kritiken erheblich cooler. Gefällt mir viel besser. :)
AntwortenLöschenFand den Film an sich durchschnittlich, auch wenn mich die Anfangssequenz zugegebenermaßen tief beeindruckt hat. ;)