Mittwoch, 28. Dezember 2011

Kritik: Homo Faber


"Ich sitze in der der Abflughalle, ich möchte nicht da sein, nirgends sein. Ich habe nichts mehr zu sehen, ihre zwei Hände, die es nicht mehr gibt. Ihre Bewegung wenn sie das Haar in den Nacken wirft, ihre Lippen. Ihre Augen, die nichts mehr sehen. Wo soll ich sie suchen?"

Die Versuch des Unmöglichen. Der Versuch einer Verfilmung von "Homo Faber", für mich stets als unverfilmbar abgestempelt. Der Roman selbst, der wohl bekannteste (in Form eines Buches) Schreck der verschiedenen Klassenstufen, ein Buch, welches viele Schüler bis heute unvergessen bleibt und das nicht unbedingt im positiven Sinne, und ja auch Hoffman war einst jung und musste diesen Buch lesen, als wäre es gestern gewesen in der Deutschstunde, das waren Zeiten. Wie gesagt für viele junge, aufstrebende Schüler das literarische Grauen, somit ist es mir nun wohl ein leichtes zu sagen, dass der Roman von Max Frisch wohl zu meinen Favoriten zählt, absolut faszinierend und so könnte man wahrscheinlich auch meine Erwartungen erahnen, nicht allzu hohe, doch ich erwartete eine durchaus werkgetreue und interessante Umsetzung des einzigartigen Romans, sodass man hoffentlich mein reaktionäres und stures Weltbild zum Thema wenigstens halbwegs verstehen kann. Der Versuch von Volker Schlöndorff das Unmögliche möglich zu machen, "Homo Faber" aus dem Jahre 1991 nebenbei noch erwähnt.

Logischerweise wurde dabei natürlich die Handlung des Romans größtenteils übernommen, dennoch mit starken (für mich negativen) Veränderungen garniert, sodass eigentliche Hauptthemen des Buches überhaupt nicht zur Geltung kommen, oder man könnte fast meinen: gekonnt ignoriert werden, so bleibt oberflächlich gesehen eine tragische Liebesgeschichte: Der Ingenieur Walter Faber, ein Mann dessen Welt förmlich nur aus Technik besteht, was nicht berechenbar scheint oder nicht logisch ist, interessiert ihn nicht und scheint so wohl bedeutungslos, als auch fast nicht existent für ihn. Ein kühler Rechner.
Doch er verliebt sich, in die junge Elisabeth, von ihm zynisch und übermächtig Sabeth genannt, die ihn irgendwie an seine Jugendliebe Hanna erinnert....

Gerade die Besetzung holt aus dem Film bzw. den Figuren noch einiges raus und besonders hier besticht Sam Shepard in der Rolle des 50-Jährigen Fabers, dem Technikverrückten, dem Zyniker wie Sabeth einst sagte heraus. Großartig seinerseits gespielt und besonders am Anfang (mit Off-Voice), blickt, er tief in sich versunken, durch die Sonnenbrille und erkennt was geschehen ist, in solchen Momenten erkennt man die Stärke seines Schauspiels und auch Julie Delphy weiß mit ihrem Spiel zu faszinieren als junge Sabeth, die Faber verändert, mit kindlicher Lust gespielt, so wie es sein sollte. Auch wenn sich hierbei trotz der guten schauspielerischen Leistungen ein großes Problem in Anbetracht auf die Darsteller, denn (Achtung Spoiler) gerade in der Hinsicht wirkt Shepard zu jung und Delphy wiederum zu alt, weshalb gerade so der Inzest von Walter und seiner Tochter Sabeth seine effektive Wirkung verliert, das schockierende Element, eines der Kernthemen des Romans wird somit völlig entkräftet, schade drum (Spoiler Ende). Eines der Probleme hierbei, trotz guter Leistungen. Zu ihnen gesellt sich außerdem noch Barbara Sukowa als Faber´s alte Liebe Hanna,  die einzige weibliche Person, zu der Faber eine besondere Bindung hatte, doch er verließ sie als sie schwanger war. Sukowa an sich agiert ganz gut, auch wenn ihre Mimik und Gestik meiner Meinung nach an einigen Stellen etwas künstlich und aufgesetzt wirken mag.

Dazu würde ich Schlöndorffs Inszenierungsstil nicht als gelungen bezeichnen, dennoch auch nicht als absolute Katastrophe, lässt sich wohl darauf zurück zu führen, dass hier den verschiedenen Themen des Romans bzw. des Berichtes, also diese anders abgehandelt werden (wenn überhaupt?!) bzw. Schlöndorff andere Themenschwerpunkte setzt, so wird als Beispiel Walter´s Technikwahn nie wirklich deutlich oder Sabeth kindliche Art (durch Delphys Performance spürt man dies aber Ansatzweise) und so auch Faber´s einseitiges Weltbild (aus der Sicht der Technik, der Wunsch so zu sein wie die Maschine, logisch, kalkulierbar und doch perfekt, alles muss berechnet werden, die Technik macht das Leben für ihn erträglich) zwischen Mann (logisch und rational) und Frau (hysterisch und emotional). Und der Ausgang des Ganzen wurde ja eh an sich verfälscht, aber na gut in der Hinsicht vielleicht etwas künstlerische Freiheit sei gestattet, auch wenn so Schlöndorffs Versuch einer Verfilmung des Romans für mich doch eher zu einer simplen Liebesgeschichte mit gewissen Differenzen und Konflikten wurde. Natürlich bleibt er so eigenwillig, die Frage sei gestellt: aber zu welchen Preis (?) und der in der Hinsicht ist er dann doch gescheitert. Dennoch muss ich hierbei noch zweifelsfrei zugeben, dass der Streifen bei mir eine gewisse Faszination hervorrief und ich dieses Unterfangen zudem recht interessant fand, das mag aber auch wiederum daran liegen, dass ich hierbei wohl versuchte festzustellen, was Schlöndorff hier alles für Fehler und Ungereimtheiten kreierte, wie eben, dass der Film sich leider nur auf die Liebesgeschichte Walters und Sabeths stützt, und wo er sich überhaupt an die Vorlage hält (ich weiß, ich bin handle in der Hinsicht steif und wie gesagt stur), insofern spannend, sonst einfach nur durchschnittlich meiner Meinung nach, obwohl ein gewisses Interesse natürlich auch den Darstellern zu verdanken ist. Immerhin die Kamera leistet dabei noch gute Arbeit, das Ganze in ein stimmungsvolles Gewand der 50er-Jahre, fast schon nostalgisch-schön zu betrachten, dazu noch wunderbar ausgestattet mit eleganten und stilvollen Requisiten, sauber gefilmt und überraschend liebevoll und detailliert, die schicke Atmosphäre, erschaffen von Museen bis Studebakers oder Propellerflugzeugen.

Außerdem möchte ich noch einen Punkt erwähnen (Spoiler) einmal die irgendwie orientierungslosen Rückblenden und das einige Stellen für mich regelrecht unfreiwillig komisch wirkten, so wäre als Beispiel gerade der dramatischste Moment: Sabeths Unfall. Ehrlich gesagt banaler hätte man es kaum inszenieren können, mit Slow-Motion-Fall und unbrauchbarer Schlange, und auch hier nicht dem Buch getreu, wollte ich noch erwähnen (Spoiler Ende).

Somit bleibt mir dann nur noch zu sagen, dass Schlöndorffs Versuch "Homo Faber" filmisch umzusetzen, in Anbetracht der Vorlage misslungen ist, als eigenständiger für mich schwer zu bewerten, so aber regelrecht durchnittlich, es bleibt eine einfache Liebesgeschichte in den 50er Jahren, schick gemacht, jedoch dabei irgendwie oberflächlich, von seinen gut agierenden Schauspielern getragen und doch kann ich dem Film irgendwas abgewinnen, wenn es auch nicht viel ist. Kurzum: Für alle jungen und lernwilligen Schüler und Studenten (und was weiß ich noch) lieber den Roman von Max Frisch, als den Film von Schlöndorff, vertraut mir, irgendwie wird es sich lohnen...



5,5 / 10

Autor: Hoffman

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