Dienstag, 15. November 2011

Klassiker der Extraklasse: Kritik: Der diskrete Charme der Bourgeoisie

Buñuel, Buñuel! Mein Königreich, nein doch eher mein letzter Lebensfunke für einen echten Luis Buñuel, dem großen Surrealisten. Dem Mann, dessen Filme stets zu gefallen wissen,  irgendwie kommt mir das alles regelrecht bekannt vor, zu bekannt, sei es drum. In jedem Fall ein weiteres Werk erneut gesichtet vom großen Buñuel, die man doch stets als "faszinierend" beschreiben kann, jedenfalls öfters und ja sogar immer. Keine Schöne des Tages, nein das wäre weit gefehlt, sondern "Der diskrete Charme der Bourgeoisie" von ihm aus dem Jahre 1972.

Die Handlung so typisch Buñuel, eigentlich nur eine Aneinanderreihung verschiedener Episoden, wie ich den Mann dafür liebe, empfinde es stets als mehr als faszinierend das zu betrachten, wunderbar wie immer nimmt er sich dabei das Großbürgertum vor und ihre Konventionen, ach ja es geht doch nichts über die "Essstörungen der hohen Gesellschaft", provozierend angelegt: Um eine High-Society-Clique, die sich in Paris zum Essen verabredet, immer und immer wieder. Doch dies wird stets immer wieder aufs neue vereitelt, durch merkwürdige Zwischenfälle beim Dinner, die sich von mal zu mal zu spitzen und so immer mehr ins Abstruse abdriften.

Und zum Dinner gibt es natürlich auch eine sehr schmackhafte Besetzung, sehr fein aussortiert bzw. ausgewählt einmal mit einem exzellenten Fernando Rey als Botschafter Don Rafael, neben ihm noch eine wunderbar spielende Delphine Seyrig, wie auch ein flink agierender Jean-Pierre Cassel, eine genauso elegante Stéphane Audran, und auch Bulle Ogier und Paul Frankeur gesellen sich auch zu Tisch um zu Speisen (dies bleibt ihnen aber größtenteils verwehrt, schade) und bilden so ein exquisites Sextett der feinen Gesellschaft. Und wie fast immer bei den Spätwerken von Buñuel fehlt auch Michel Piccoli, selbst hier in der kleinsten Rolle großartig, als Innenminister, merkwürdigerweise nicht. Um so besser.

Die Arbeit des Meisters Buñuel ist wie immer virtuos, wieder sprunghaft-episodenhaft, im besten Sinne natürlich wieder surreal, so surreal wie man es von Buñuel gewohnt ist und es liebt. Vermischt Realität bzw. Wahrheit mit verschiedenen Traumebenen, dass es wieder ein echtes Erlebnis ist, das selbstredend auf eine elegante Weise, in gewisser Hinsicht wirkt das Ganze so sogar fast opernhaft. Auch hier besonders stark ausgeprägt sind die komödiantischen Aspekte bzw. der daraus profitierende rabenschwarze und auch surreal angehauchte Witz, alles in Träumen aufs Absurde getrieben, grotesk gemischt, vereint er mit purer Leichtigkeit verschiedene Genre-Elemente und kritisiert wieder aufs feinste das Bürgertum so präzise und scharf wie immer. Das ist Buñuel wie ich ihn liebe, einfach fantastisch.
Zudem tunkt die meisterhaft geführte Kamera das Werk noch in ein teilweise surrealistisches bzw. traumartiges Gewand, dabei sehr sauber gefilmt, gute Arbeit wird auch hier geleistet. Perfekt gefilmt um Buñuels Stil auf einer ansprechenden und surrealen (sehr beliebtes Wort hierbei) Ebene wiederzugeben bzw. einzufangen.

Zusätzlich wurden die die Dialoge großartig geschrieben, mit rabenschwarzen Humor vergoldet, wie bereits erwähnt und auch die Figuren möchte ich als sehr gut gestaltet beschreiben, Buñuel lässt seinen Bourgeoisie keine Chance zu einem gemütlichen Dinner, sie in ihrer vollen Arroganz und Hochmütigkeit, böse wie auch genial von Buñuel eingefädelt, herrlich mit anzusehen und so doch einfach wunderbar fies.

Unterm Strich bleibt mir nur noch zu sagen, dass Buñuel mit "Der diskrete Charme der Bourgeoisie" wieder ein echtes Glanzstück abgeliefert hat. Provokant, komödiantisch, grotesk, surreal, großartig, eine böse und meisterhafte inszenierte Farce. Irgendwie charmant...



         
                                                   8.5 / 10


Autor: Hoffman

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