Sonntag, 4. Dezember 2011

Kritik: Sleepers

Sleepers. Wieder einer dieser wunderbaren Titel, der meines seltsam gestalteten Pseudobuches würdig sein müsste. Da ich mir in der Hinsicht dennoch etwas anderes vorstellte, insofern "Sleepers" gleichzusetzen wäre mit "Schläfern" (in Form von Agenten und nicht Menschen, die ständig schlafen), weder noch, denn "Sleepers" mag hierbei den Ausdruck von Jugendlichen bzw. Personen bzw. Leuten darstellen, die irgendwann mal in einer Jugendanstalt saßen bzw. dort untergebracht waren. Der Titel zum dazugehörigen Film von Barry Levinson aus dem Jahre 1996, nach dem gleichnamigen und kontrovers diskutierten Roman von Lorenzo Carcaterra.

Die Handlung an sich kann man dabei leicht in zwei Teile aufteilen, wobei die erste somit zunächst einerseits eine interessante Milieustudie, von Freundschaft und Zusammenhalt darstellt und andererseits auch von Machtmissbrauch und somit auch von Unterdrückung. Die zweite Hälfte dann doch eher irgendwas zwischen Rachedrama und Gerichts-Thriller, in jedem Fall auf den ersten Blick durchaus interessant, durch die Fülle an Themen: New York, in den 60er Jahren: Das Ende ihrer Kindheit beginnt für die Freunde Michael, Lorenzo bzw. Shakes, John und Tommy als durch einen dummen Streich fast eine Person stirbt, so landen sie in einer Jugendanstalt zur Besserung. Dort macht ihnen der sadistische Wärter Nokes das Leben zur puren Hölle...geschätzte 15 Jahre später begegnen Tommy und Michael Nokes wieder und töten ihn und landen vor Gericht. Und müssen sich dort versuchen freizusprechen, mit ihrem Freund Michael auf der Bank des Staatsanwalts...

Eine große Stärke dabei stellt besonders der Cast dar, der weitläufig mit bekannten und berühmten Gesichtern  gegliedert wurde. So sei auch zunächst gesagt, dass die Jungdarsteller von Brad Renfro bis Jonathan Tucker in ihren Rollen zu überzeugen wissen. Als auch ihre älteren "Ausgaben" hier einmal gut gespielt von Jason Patric als Shakes, aus dessen Sicht das Ganze erzählt wird bzw. somit als Hauptprotagonist dient, Patric weiß diesen Part gekonnt auszufüllen. In der Rolle des Michael außerdem noch Brad Pitt als späterer Staatsanwalt Michael, der versucht seinen Freunden zu helfen, aber auch selbst so vor einem Konflikt steht, zwar etwas verschwendet, in dieser doch recht "klein" angelegten Rolle, so bleibt Pitt hinter seinen Möglichkeiten doch an sich ist er grundsolide. Hervorzuheben wäre hierbei natürlich der herausragend agierende Kevin Bacon als sadistischer Wärter, der wiederum in seiner Rolle vollkommen aufgeht, mit seiner ganzen Kraft sich ins Zeugt legt und so einfach nur zu packen weiß. Und in weiteren Nebenrollen dazu noch einmal Hoffman, eh einer meiner absoluten Favoriten und ebenfalls ein grandioser Akteur, also Dustin Hoffman selbstverständlich, nur um das klar zu stellen, der selbst hier wieder als versoffener und abgewrackter Anwalt zu glänzen weiß, dies zusammen mit dem andererseits nicht minder starken Robert De Niro als Pater Bobby, der sich stets für die Jungen einsetze und für sie sogar gegen seinen Glauben in Frage stellen würde, von beiden souverän gespielt. Weiterhin noch zu bewundern Minnie Driver wie auch Vittorio Gassman. Hervorragend besetzt und sonst auch größtenteils stark.

Zu Levinsons Regie, eigentlich sehr gut, immerhin vermag er es durchaus zu fesseln, trotz der Langatmigkeit seines Werkes, welche besonders in der für mich doch etwas konstruierten zweiten Hälfte eintrat. Der Anfang wie eigentlich auch die gesamte erste Hälfte inszeniert dieser aber wirklich erstklassig, mit interessanten Aspekten, liefert er eine äußerst stimmige Analyse des Milieus und zeigt uns danach eine durchaus bedrückende Leidensgeschichte dieser Jungs, die dennoch nie gewollt sind den Mut verlieren. Bis dahin alles sehr fein gehandhabt, die Charaktere zudem noch glaubwürdig gestaltet, natürlich verfeinert durch die exzellente Darstellerriege. Doch im zweiten Teil verrennt sich Levinson (leider) in seiner eigenen Story und so wird das Ganze eher ein durchaus platter Selbstjustizakt - für mich sogar insofern fragwürdig- da er letztendlich nichts anderes tut als diese Selbstjustiz zu glorifizieren und sie einem so gesagt "ansprechend" zu präsentieren, gewollt oder ungewollt meiner Meinung nach dabei vollkommen irrelevant, denn letztendlich bleibt der Beigeschmack, da so auf das Mitgefühl des Zuschauers baut (Bei mir funktionierte das durchaus). Somit lässt er diese Rache bzw. den Mord als fast einzigen Ausweg, so gesagt als Rettung ersichtlich sehen und so wird auch das gerechtfertigt auf diese Weise, für mich durchaus fragwürdig, aber man bilde sich sein eigenes Bild, ist ja eh stets alles subjektiv zu nehmen. Anderweitig weiß aber die Kamera (Michael Ballhaus) grandiose Bilder zu kreieren und besonders am Anfang eine brillante Atmosphäre eines New York der 60er Jahre zu präsentieren, oder auch die bedrückende Grundstimmung in der Jugendanstalt dort verziert mit einem düsteren Touch. Aber auch sonst recht sauber und stark gefilmt.

Und nicht zu vergessen wäre dabei noch der gut wie auch durchaus tragisch/dramatisch/kraftvoll komponierte und atmosphärische Score vom großen John Williams, passend eingesetzt.

Zum Schluss bleibt mir dann nur noch zu sagen, dass "Sleepers" ein ausgezeichnet inszeniertes und stark gespieltes (vielleicht sogar aufwühlendes) Drama ist, das sich leider einigen dramaturgischen Schwächen hingeben muss und die Aussage des Films für mich letztendlich doch eher fragwürdig war, doch man bilde sich sein eigenes Urteil, denn so bleibt "Sleepers" für mich noch ein immerhin sehenswertes Stück Zelluloid um Freundschaft.



7 / 10

Autor: Hoffman

Isos Meinung:

Einfühlsam-traumatisches Kindheits-Drama, das in einem schicksalshaft-sündhaften Prozess endet, dessen Tempo sich in ungünstiger Schnelle verliert. Das macht "Sleepers" nicht schlecht, verpasst ihm aber eine weniger aufrüttelnde Botschaft. 
8.5 / 10

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