Mittwoch, 9. April 2014

»The World is yours!« - Klassiker der Extraklasse: Scarface - Narbengesicht (1932)




Howard Hawks ballert sich nun also gebührend in die Filmgeschichte. Was in fester Erinnerung bleibt ist einzig ein Remake, das mit seinem recht reaktionären 80er Zeitgeist und einem wild-wütenden Oliver Stone am Drehbuch über den bösen Kapitalismus plaudernd stets der Vorzug gewährt wird. Seie es auch der Tatsache geschuldet, dass heutzutage das Original für viele wohl unnahbar scheint mit seinem Produktionsjahr 1932, wobei ich hier nun den eigenen Irrglauben entmachten muss, denn der Pacino-Klassiker hat dann zusammengefasst doch recht wenig mit Howard Hawks »Scarface« zu schaffen.

Denn der entführt uns zurück in das zeitliche Geschehen der Prohibition, mit organsierten Verbrechen und definiert zugleich das Genre prägend mit markanten Motiven. Einzig bindend zu seiner Neuinterpretation erscheint die hier vollzogene Aufstiegs und Fall-Geschichte einer Legende, hier an das wahre Vorbild des großen Al Capone angelehnt und mit impulsiv agierenden Paul Muni als aufsteigender Gangster Tony »Scarface« Camonte, vom überfliegenden Howard Hughes übrigens auch produziert. In Nebenrollen selbst sind Boris Karloff wie auch ein unterkühlter George Raft zu finden. Ben Hecht schreibt das Drehbuch, welches verziert ist mit Bandenkriegen und der sympathischen Korruption statt der alltäglichen Moral. Geschrieben wie auch inszeniert mit Stil, Charme und Eleganz. Zugleich hält die Kamera Distanz zu Figuren und Geschehen, somit stärkt man die Authenzität . Dazu gibt es viel Blei und wenig Ballast. Beschrieben werden kann dies auch als Vorläufer des Film noir. Denn Hawks bietet alles was das Genre bis heute benötigt, von grimmigen Gangstern bis Ironie und eigenwilligen Humor. Manches mag vielleicht sogar zynisch nennen. Schöpferisch wird ein Bild des klassischen Gangsterfilms gemalt. Der einstige Antagonist eines Gangsters (= Tony) wird für den Zuschauer zum Held, trotz seiner ambivalenten Persönlichkeit. Ein bedeutender Schritt, wenn der aggressive und gewalttätige Verbrecher nach den Sympathien greift, doch Hawks lässt ihn ja schließlich auch noch seinen skrupellosen Charme und zu seiner Zeit ist es schließlich ein schlauer Trick den Gangster als Kassenmagnet zu gebrauchen.

Als eine Art Reflexion der Gesellschaft in Zeiten der Weltwirtschaftskrise, der Gangster darf nun als Protagonist die insgeheimen Wünsche (der Freiheit) des Bürgers ausleben. Der Verbrecher mit seinem Maschinengewehr entzündet also die Gewalt im Kino. Hawks bedient sich rasanten Mechanismen für seine Erzählung, viel wird geschossen, im besten Fall noch erschossen. Großes Gangsterkino, das seinerseits die Tabus der Gewaltdarstellung brach, wobei Hawks dies durchaus geschickt ausbalancierte mit seinen Stilmitteln, wie Schüssen nur aus dem Off oder eben dem Spiel mit Licht und Schatten, um größtenteils die direkte Gewaltdarstellung zu vermeiden. Temporeich wird inszeniert, mit furioser Action umgarnt, begeistert wird  mit einer schießwütigen Autoverfolgungsjagd und im Finale dann die große Dramatik mit fast schon ironischer Note. Ein Stück Kino, das die Welt in Atem hielt vor gewaltigen Schusswechseln. P.S: Al Capone soll der Film gefallen haben.



8.0 / 10


Autor: Hoffman

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