Mittwoch, 10. September 2014

Die Scheinheiligkeit der Hinterbliebenen - Kritik: World's Greatest Dad (2009)



Der Verlust eines Familienmitglieds ist eine heftige Angelegenheit. Umso schlimmer, falls der eigene Sohn betroffen und er dafür auch noch selbst verantwortlich ist. Doch es kommt noch übler, denn es handelt sich nicht um Suizid, sondern um die Folge einer autoerotischen Asphyxiation. Mit anderen Worten: Der Sohnemann hat sich beim Masturbieren versehentlich stranguliert. Nicht auszudenken, was passiert, wenn das die Nachbarn, die Kollegen oder gar die Mitschüler erfahren sollten? Demnach muss eine ungleich würdevollere Lösung her, die sich in Form eines gefälschten Abschiedsbriefs manifestiert. Robin Williams spielt die trauernde Vaterfigur, die sich bislang erfolglos als Autor versucht hat und ihr Dasein als Lehrer in wenigbesuchten Poesiekursen an der städtischen Highschool fristet. Eine Rolle zwischen Tragik und Komik, wie sie sich kaum besser für Williams eignet. Schon immer fand ich, dass er am Stärksten ist, wenn er psychopathische Charaktere spielt (Als Vorzeigebeispiele würde ich ONE HOUR PHOTO und Christopher Nolans INSOMNIA nennen.) und sich nicht in alberner Familiensoße ergeht (Exemplarisch stehen hierfür FLUBBER, JUMANJI und Steven Spielbergs HOOK).Ganz besonders stark ist dann meiner Meinung nach seine Darstellung als Fischerkönig (in Terry Gilliams gleichnamigem Meisterwerk), die beide Extreme seiner Darstellung (das Abseitige und Aufgedrehte) kombiniert. Nun spielt er jedoch den Vater und  Englischlehrer Lance Clayton und es ist diese Rolle, die auf makabere Weise mit seinem Privatleben korrespondiert.


Für Lance Clayton ändert sich erstmals alles schlagartig, nachdem der gefälschte Abschiedsbrief seines Sohnes in der Schülerzeitung veröffentlicht wird. All die Personen, die sich nie für seinen Sohn Kyle interessiert haben (die einzige Ausnahme stellt sein Freund Andrew dar, der unter einer alkoholabhängigen Mutter leidet), projezieren fortan ihre eigenen Ängste und Wünsche auf Kyle. Dieser Vorgang wird in einer genialen Musikmontage (wie ohnehin alle im Film verwendeten Musikmontagen ziemlich toll sind) geschildert, die trotz (oder eher dank) des unbekannten Indie-Songs sehr unverbraucht wirkt. Dieser ausflebende Rummel lässt sich als Todeshype bezeichnen und findet leider auch in der Realität Ausdruck. Nach dem Selbstmord Williams' fegten Wellen der Anteilnahme durch die Presse und das Internet(z), woran natürlich an sich nichts verkehrt ist. Doch (so erscheint es mir) bleibt diese Beschäftigung mit solch einer Person sehr auf ihr Ende konzentriert. Also werden simple Antworten auf etwas gesucht, was sich nicht so leicht mit ein paar Begründungen (Schulden, Krankheit etc.) abhandeln lässt. Wie würde dieses Mitgefühl aussehen, falls Williams auf ähnliche Weise ums Leben gekommen wäre wie sein Filmsohn? Spott und Hohn würden größtenteils die Foren füllen und gifs entstehen lassen, die sich des Vorfalls annehmen. Ein Mensch ist so viel mehr als sein letzter Moment. Das sieht selbst Lance Clayton letztlich ein. Und deshalb behandelt Bobcat Goldthwais WORLD'S GREATEST DAD dieses Thema auf sehr schwarzhumorige und bittere Art. Die paar Vulgaritäten vor allem in der ersten Filmhälfte stören da nicht, sie sorgen vielmehr dafür, dass Kyle sehr unbeholfen und unsympathisch wirkt, was für die zweite Hälfte von Revelanz ist. Und ein Film, in dem betont wird, dass die älteren Zombiefilme (mit Untoten, die sich nicht im High Speed Modus fortbewegen) die deutlich Besseren sind, kann so verkehrt nicht sein.

                                                                        7/10

Autor: DeDavid 

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