Freitag, 13. September 2013

Ich liebe mein Auto - Kritik: Crash (1996)



Wenn man einen Autounfall hat, ist das in der Regel nicht so schön; es kostet Geld, das Auto ist kaputt und im schlimmsten Fall ist man verletzt oder tot. Das ist der gängige Blickwinkel, aus dem man einen Autounfall betrachtet. Cronenberg schaut sich das Ganze natürlich aus einem anderen Blickwinkel an. Bei ihm wird aus dem Rammen schnell ein Rammeln und das Auto zum Kondom des Insassen. Ein Autounfall ist demzufolge nicht weniger als das Verlangen nach einem Ausbruch, einer Flucht, aus dem von Technik bestimmten Alltag einer Gruppe Menschen. Wie man erwarten kann, bietet Cronenberg auch hier wieder eine Reihe bizarrer Bilder, die man so schnell nicht mehr vergisst, und die wieder auf seine Vision vom neuen Fleisch hinarbeiten. Die Verschmelzung von Mensch und Technik findet hier allerdings auch in sexueller Hinsicht statt. Das Auto - zwar irgendwo eine Art Gefängnis oder Kondom - als ein Ort der Leidenschaft und Sehnsucht. Und das wird hier sehr groß geschrieben. Hinter all dem augenscheinlich bizarren und kalten Gecrashe verbirgt sich die Sehnsucht nach echten Gefühlen und Liebe. Im normalen Alltag scheint dies nicht mehr möglich zu sein: der Sprit ist alle und man ist ausgebrannt. So zieht es die Leute auf die Straße, um über das Bekannte hinaus zu gehen und Grenzen einzureisen. Etliche Filme hätten so ein Verhalten natürlich als "psychisch krank" abgestempelt, doch Cronenberg nimmt seine Figuren ernst und interessiert sich für diese Dreiecksbeziehung aus Mensch - Maschine - Mensch. Was er damit allerdings genau sagen will, wird nicht geklärt. Der Film ist weder Warnung vor solchem Verhalten, noch ein Aufruf zur Selbstzerstörung. Dass der Regisseur diesen Weg wählt, ist lobenswert, da der Film so auf vielen Ebenen zugänglich ist und weitaus mehr als nur eine Interpretation zulässt. Ich find's auf jeden Fall ziemlich geil.

9.0/10

Autor: Macready

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