Freitag, 28. März 2014

Die Geschichte eines Liedes - Kritik: Lili Marleen (1981)



»Die Geschichte eines Liedes, das die Welt eroberte«, Fassbinder verwandelt Zeitgeschichte in ein großes Melodram, es ist eine Auftragsarbeit des Autorenfilmers Fassbinder, dessen Drehbuch er nicht selbst schrieb, er allerhöchstens noch den letzten Schliff verpassen durfte. Es war für Fassbinder ein fremder Stoff, den er anpasste oder für sich interpretierte, so wirklich wohl schien er sich damit aber nicht zu fühlen, zumindest wirkt es so. »Lili Marleen« ist Fassbinders Big-Budget-Film, welcher opulent und edel und mit schwülstigen Lichtern daherkommt. Die Farbdramaturgie ist, wie schon in »Lola«, meisterhaft und gibt diesem artifiziellen Stil gleichzeitig etwas äußerst lebendiges. Dazu werden Schnitt und Gegenschnitt übereilt präsentiert, die Kamerazooms sind auffällig-hastig und die Kamerafahrten wirken auf ihre abrupte Weise extravagant, aber mitunter auch manieriert.



Doch irgendwie erliegt man dann aber auch bald dieser Ästhetik und dieser ausgestellten Disharmonie beziehungsweise Ruckartigkeit des Werkes, in der die Dramatik beinahe schon überzogen wirkt und Peer Rabens musikalische Untermalung einen aufgewühlten Charakter innehat. Fassbinder stellt diesen Kitsch grotesk aus. Will er damit eine trügerische Welt des Scheins zeigen? Im Vordergrund steht für Fassbinder hier eine unglückliche Liebe, die von Beginn an nicht sein soll, in den Zeiten des Krieges und ein einfaches Lied, gesungen von einem naiven Mädchen, das zuerst nur eine Sängerin in Bars ist und durch dieses Lied bald schon zur großen Berühmtheit aufsteigt. Dabei spricht Fassbinder nebenbei auch über die Prostitution der Kunst, über Macht und Einfluss und Manipulation, über ein Lied, das die Nationalsozialisten für ihre Zwecke nutzen und über die Zustände von Anpassung und Widerstand, auch wenn vieles der Anschaulichkeit des Werkes weichen muss. Denn etwas verfällt er hierbei schon dem großen Prunk. Das ist aber weniger das Problem, als denn die inhaltliche Ebene des Films, die eher wirr verläuft. Hier findet Fassbinder kein Zentrum (gerade in Hinsicht zwischen Pomp und Zerstörung), sodass das Ergebnis mitunter doch stark zerfleddert erscheint. Daneben gestaltet sich »Lili Marleen« doch insgesamt zugänglicher als so manch anderer Fassbinder. Und seine großen Momente gehören selbstredend auch dem titelgebenen Lied, von Schygulla eindrucksvoll gesungen, das die Menschen bewegt wie auch erregt und den Krieg für die Soldaten in den Schützengräben wenigstens für eine kurze Zeit vergessen und innehalten lässt, bevor der Krieg in seinen Vollen weitergehen muss.


7.0 / 10

Autor: Hoffman 

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