Mit der Verfilmung von Tino Hanekamps Roman »So was von da«
widmet sich German-Mumblecore-Vertreter Jakob Lass erstmals einer
Romanverfilmung, die er im Sinne seines FOGMA-Manifests als »erste
improvisierte Romanverfilmung« umschreibt, in der die Darsteller
folglich ohne Textzwang vor der Kamera standen und ihre Rolle
interpretierten. Es ist dabei, wie schon »Tiger Girl«, ein Film
geworden, der sehr viel mit der aktuellen Generation zu tun hat und der
sich vor allem auch mit seinen Mitteln genau an diese schnelllebige
Party-Generation wendet. Es ist ein Film, der mehr noch als sein
Vorgängerfilm im Hier und Jetzt existiert. Eine Geschichte besteht dabei nur skizzenhaft: Im Zentrum steht der
Clubbesitzer Oskar (Niklas Bruhn), dessen Club auf der Hamburger
Reeperbahn vor der Schließung steht. Mit der Silvesternacht ist auch die
letzte Nacht seines Clubs angebrochen. Der Abriss steht bevor. Doch das
ist eigentlich nicht das Problem. Denn das Chaos nimmt seinen Verlauf,
als Kiezkalle in seiner Wohnung steht (die Tür steht zu diesem Zeitpunkt
schon nicht mehr), und 10 000 Euro bis Mitternacht von ihm fordert.
Dies gibt Lass den Anlass in eine Partywelt einzutauchen, in der es kein
Morgen gibt, nur den Moment, den der Film ausgiebig in seinen
feieraffinen Bildern zelebriert. Der neue Film von Jakob Lass ist ein
durchtriebener Exzess, ein wildes Delirium, das seine Figuren wie auch
den Zuschauer in einen Rauschzustand versetzt, ihn in einen sogartigen
Partystrudel zieht, in dem Lass vor allem verspielt und ungestüm die
filmischen Mittel nutzt, um uns in diese dauerberauschte und grelle Welt
der Strobolichter und Nebelmaschinen zu ziehen. Der Film ist in sich
geschlossen, funktioniert innerhalb dessen, was er ist: Eine einzige
Party, die einen hedonistischen Zeitgeist feiert. Der Film reflektiert
nicht, er nimmt auf. Er ist ein lauter Stimmungsfilm, der den Zeitgeist
aufsaugt und ihn wieder ausspuckt. Demnach handelt es sich um ein
eigentlich sehr schlichtes, beinahe fast vordergründiges Werk, das eine
große Lust am exaltierten Exzess und neckischen Spaß hat.
Der Film ist dabei in einzelne Kapitel geteilt, deren Überschriften
kurz den Kern der folgenden Ereignisse zusammenfasst, und nutzt auch
phasenweise das Voice-Over seines Protagonisten, um auftauchende Figuren
und Geschehnisse – der Postmoderne entsprechend – zu kommentieren. Das
Werk schüttelt den Zuschauer durch und möchte ihn mit seiner lustvollen
und performativen Form verführen. Es bietet dabei auch genau die
Bilder, mit denen sie sich (zumindest das junge/jugendliche Publikum)
identifizieren kann. Der Film ist insofern amüsant anzuschauen, durchweg
unterhaltsam und bildet eine pulsierende Clubodyssee ab, die keinen
klaren Faden besitzt, sondern die seine Figuren wahnhaft von einem Ort
zum nächsten driften lässt. Aber es ist auch ein schablonenhaftes Werk,
das schwimmt, das seine Figuren skizzenhaft, aber inbrünstig und
durchaus eigensinnig erarbeitet. Kleinere Risse tun sich auf, aber auch
nicht wirklich. Wirklich tief dringt der Film aber nicht in sie vor. Wir
können nur erahnen, was vielleicht so manche eine Figur in ihrem
Inneren quält. Ein Hauch von leiser Wehmut schwingt aber immer ein
bisschen mit, wenn zum Beispiel die Verflossene von Oskar wieder auf der
Bildfläche erscheint. Nicht immer ganz sichtbar. Aber doch liegt sie
irgendwo zwischen den Zeilen. Es sind viele kleine Geschichten, die hier
ineinandergreifen, die übereinander fallen, die sich vermischen, nicht
mehr zu trennen sind. In diesem Sprudel verschwimmt alles zunehmend. Der
Film begibt sich mehr und mehr auf eine beinahe surreale Ebene, wo
Realität und Rausch ineinander fallen. Es geht diffus zu, es gibt keine
Übersicht, man befindet sich Mittendrin, in den grell-roten und grünen
Räumen, in der Musik und den Tänzen, dem Rausch des Alkohols und der
Drogen. Dieser Film ist die Geschichte einer Nacht, die immer wieder in
das Wahnwitzige, oft auch ins absurd Ulkige kippt, wenn in den unter
Wasser stehenden Toiletten Klobürsten-Kämpfe betrieben werden oder
Corinna Harfouch als überkorrekte Innensenatorin in einem Fahrstuhl
feststeckt.
Es ist also ein anarchistisches Werk, dass das Haus zum Niederbrennen
bringen möchte. Und der Film hört nicht auf. Er bewegt sich. Er taumelt
und dreht sich, pulsiert, atmet, knallt. Er denkt nicht an das Morgen.
Er eröffnet schließlich auch keinen Diskurs, der über ihn selbst
hinausreicht. Der Film will zwar immer mehr. Aber an das Mehr denkt er
trotzdem nicht. Der Film ist komplett in seiner Gegenwart verankert.Der
Film hört nicht auf. Erst am Beginn des neuen Tages, wenn das Alte
ausgelöscht, dann kann der Film sein Kapitel schließen. Denn es ist ein
Momentaufnahme, die man sich festhalten muss, da sie sonst rasch wieder
verfliegt und sich im Sonnenlicht eines neues Tages auszulösen beginnt.
6.5 / 10
Autor: Hoffman
Ah, ich fand auch schon "Tiger Girl" als Momentaufnahme gelungen. Der hier klingt ähnlich enervierend und auch wenn ich wahrscheinlich nicht (mehr) in die avisierte Zielgruppe falle, scheint ein Blick durchaus wert zu sein.
AntwortenLöschenJa, der ist als zeitgeistiger Stimmungsfilm schon gelunger als vieles, was man derzeit in de Sparte so in Deutschland zu sehen bekommt. Vor allem, weil er den Exzess ohne schwermütigen Ballast auslebt. Ist aber andererseits auch nicht so selbstreflexiv wie Tiger Girl. Warum der Film aber letztlich so untergegangen ist (zumindest mein Gefühl), hab ich nicht so ganz verstanden.
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