Natürlich schimmert hier schon eines von Cronenbergs absoluten Lieblingsthemen durch, das er eigentlich in fast jedem seiner Filme behandelt: das neue Fleisch, das eine logische Konsequenz aus dem Umgang des Menschen mit der modernen Technik ist. Allerdings ist das in "Rabid" gar nicht so wichtig, wie in seinen späteren Filmen. Den Film als etwas obskuren Feminismus-Zombie-Viren-Vampir-Film zu lesen, finde ich etwas interessanter. Rose - das ist die oben erwähnte "junge Frau" - wird bei Cronenberg mit ihrem Phallus unter der Achsel nämlich zu einer Art schwanzgesteuertem Penetrator, der sich nicht darüber bewusst ist, was er durch sein archaisches und rücksichtsloses Verhalten anrichtet. Cronenberg hält hier dem männlichen Publikem den Spiegel vor, in dem er die typischen Rammlereigenschaften einer Frau - also aus chauvinistischer Sicht dem Lustobjekt, das nur passiv zu handeln hat - zuschreibt, was dem Film einen extrem subversiven Grundtenor verpasst. Gleichzeitig mischt er dazu noch Kritik am Patriarchat bei, da Rose durch Männerhand zu dem wurde, was sie ist, da die neue Behandlungsmethode nicht an ihrem Freund, der - wenn auch nur leicht verletzt - auf konventionelle Weise behandelt wird. Die Frau als Versuchskaninchen für die neuesten Erfindungen der Männer. Allerdings ist diese überzeichnete Darstellung der Frau als rücksichtslos-triebgesteurtes Wesen wiederum auch als Kritik an einem radikalen Feminismus, der die Umkehr der traditionellen und chauvinistischen Rollen fordert, auslegbar. Cronenbergs Film geht somit als Statement für geschlechtliche Gleichberechtigung durch, da er beide Seiten der Medaille entlarvt.
Inszenatorisch kann man "Rabid" trotz des geringen Budgets als gelungen bezeichnen. Cronenberg, der später durch explodierende Köpfe und dergleichen einem größeren Publikum bekannt werden sollte, erweist sich hier - wahrscheinlich budgetbedingt - als Minimalist. Die Bildsprache und die Effekte sind karg und trostlos, was "Rabid" eine recht morbide Atmosphäre verleiht, die zwar länger braucht, um auf den Zuschauer überzuschwappen, aber schlussendlich dennoch sitzt. Alles in allem natürlich nicht David Cronenbergs größte Stunde, aber ein eindrucksvolles Frühwerk eines großen Regisseurs, in dem bereits einige Themen, die später immer präsenter wurden, angerissen werden. Ich persönlich würde allerdings empfehlen, erst Cronenbergs spätere Filme zu sehen, um dann zu seinem Frühwerk vorzustoßen, da man viele Szenen, bestimmte Handlungen der Figuren und generell die Themen der Filme etwas besser nachvollziehen kann, da das im Vergleich zu seinen früheren Filmen doch noch leicht konfus ist. Hat man das getan, sollte man keine Probleme mehr haben, und bekommt einen rundum gelungen Horrorfilm, der subversive und kritische Töne spuckt und - wie eigentlich immer bei Cronenberg - vielschichtiger ist, als es das Genre erwartet.
7.0/10
Autor: MacReady
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