Samstag, 7. September 2013

Wenn der Schuss am Ende doch nach hinten los geht... - Kritik: Feuchtgebiete (2013)

Aufmerksame Leser werden es ja schon wissen, dass auf diesem Blog viel Wert auf Sitte und Anstand gelegt wird, weshalb es bei einer Besprechung dieses ketzerischen Machwerks keine Bilder geben wird, da diese die Leser im schlimmsten Fall zu Sünden wie Onanie und Unzucht verleiten könnten. Amen! Spaß beiseite: Keine Bilder, weil wir wir keine haben.

Nicht geil.

Es ist auf den ersten Blick löblich, mal dieser ganzen sterilen und aufgestylten Sexualität, die dem Durchschnittsmenschen in dieser Hemisphere ständig eingetrichtert wird, entgegenzutreten, da eh niemand diese Kriterien erfüllt. Allerdings sollte man dann auch mit einem gewissen Ernst, mit Neugierde und Interesse an die Sache herangehen und sich auch mal trauen, die Schranken im Hirn der Zuschauer einzureisen. Das tut dieser Film in keinster Weise. Da wird aus dem Off locker und augenzwinkernd über Analfissuren, biologisch abbaubare Alternativen zum Dildo und "perverse" Gelüste geredet, während die Protagonistin sich all dem hingibt. Dazu werden noch einige Herren zur Gruppenmasturbation über einer Pizza gebeten, während im Hintergrund "An der schönen blauen Donau" erklingt. Eine Hommage an Kubricks Sci-Fi-Klassiker? Nein, einfach nur albern. Natürlich muss man nicht mit pathetischem Ernst an so ein Thema herangehen, aber man sollte sich auch nicht hinter Albernheiten verstecken. Warum nicht mal ein wenig neugierig sein, und die Dinge nicht gleich ins Absurde ziehen oder die Verhaltensweise der Hauptdarstellerin pathologisieren? Denn Helens Verständnis von Sex und Hygiene beruht natürlich auf einem schweren Trauma. Wie könnte es auch anders sein. Je mehr sich dies im Film herauskristallisierte, desto lauter wurde die Stimme meiner Oma in meinem Kopf, die bei Verhalten, das nicht in ein gutbürgerliches-ultraschwäbisches Weltbild passt, "Der hots halt au" zu sagen pflegt. Und genau so wirkt die finale Aussage des Films: Helen ist krank, sie braucht Hilfe. Und damit begibt sich "Feuchtgebiete" in beste Gesellschaft zu Filmen wie "Shame", die auf den ersten Blick enttabuisierend wirken und evtl. ja auch gut gemeint waren, aber im Endeffekt daran scheitern, dass sie ihren Protagonisten keine freie Sexualität eingestehen, womit deren Sexleben mehr einer Psychose gleichkommt. In so vielen Mainstreamfilmen werden Frauen oder generell Menschen als reines Fickobjekt dargestellt, ohne dass jemand was sagt, doch wenn sich jemand mit einer Ingwerknolle befriedigt oder eben neugierig ist und dabei "perverse" Dinge ausprobiert, muss er spinnen. "Feuchtgebiete" trägt daher viel mehr zu all dem Schönheitswahn bei, als dass er ihn kritisiert, da Helens Sexleben keines ist, sondern eine Krankheit. Konsequent weitergedacht verliert somit der Individualismus. Die Krone der Lächerlichkeit bildet allerdings die Tatsache, dass es sich bei der Hauptfigur ohnehin um eine 18 Jährige handelt. Da ist man doch noch mehr oder weniger ein Kind und probiert rum. Ist die Pubertät jetzt auch eine Krankheit? 

1.0/10

Autor: Macready

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