Fellinis »La Strada« ist wahrlich eine Geschichte der Straße, in der sich Nino Rotas zeitlos-eingängige Melodie durch den ganzen Film mit ihren traurigen Klängen zieht, wie ein seidener Faden. Musik wird hier zum bedeutenden Ausdrucksmittel für die Charaktere und ihre Gefühle, welche sie verdichtet. Eine Geschichte, in der Fellini Artisten, Akrobaten, Gaukler und Künstler auf ihrer Reise über die schmutzigen Landstraßen der Nachkriegszeit begleitet. Diese Menschen faszinieren ihn hier. In trostlos-tristen Bilder erzählt Fellini sensibel und geerdet seine Geschichte, in deren Mittelpunkt zwei verschiedene Charaktere gegenüber gestellt werden, der Harte (gewaltig: Anthony Quinn) und die Zarte (klein, zart, aber mit großen Augen: Giulietta Masina). Masinas Spiel weist dabei so eine gewisse Leichtigkeit auf, sie beflügelt diesen Film mit ihrer Naivität und dieser anfänglichen Zuversicht, Fröhlichkeit und Lebensfreude, die sie ausstrahlt. Ihre Gelsomina ist aber auch gleichzeitig ein sehr zierlicher und gläserner Charakter, der leicht zu zerbrechen droht. Dagegen ist Quinns Zampano ein grobschlächtiger und roher Kerl, der stählern sein robustes Wesen nach außen präsentiert, weshalb er Gelsomina hartherzig erniedrigt und ihre Zuneigung zu ihm missachtet, nicht wahrnimmt, da er seine Gefühle scheinbar tief in sich versteckt, sodass er sich diesen selbst nicht einmal bewusst zu sein scheint, sie weder sieht noch sie nicht versteht, während Gelsomina diese Gefühle nach außen trägt und somit Enttäuschungen erleben muss, woraus für Gelsominas Trauer profitiert.
Es sind zwei Menschen, die miteinander leben, so gegensätzlich sie auch sein mögen, aber einsam bleiben, das ist die Ironie des Schicksals, das ist das Absurde am Leben. Armut herrscht hier im doppelten Sinne, einmal diese, welche die Bilder zeigen, die andere ist jene, die emotionale Armut, welche Zampano gegenüber Gelsomina zeigt. Aber da ist auch noch ein Dritter, ein Seiltänzer und Clown oder ein alberner Scherzbold (heiter: Richard Basehart), der ein Rivale von Zampano ist und der sich risiko- und spielfreudig mit dem Leben gibt, aber dabei auch an die Möglichkeit seines baldigen Todes denken muss. Es gibt aber auch hin und hier wieder diesen Funken Magie, während sie durch das Land fahren und sich die Geschichte als Beispiel später für kurze Zeit im von Fellini geliebten Zirkus zentriert, deren Mitglieder Fellini als große, liebevolle und hilfsbereite Familie darstellt. Fellinis »La Strada« durchströmt eine märchenhafte Melancholie, er zeigt die alltägliche Poesie des Lebens und die Tragik der Liebe, in der man erst bemerkt (= Detail: eine mögliche, aber nicht sichere Läuterung an einem Strand, wie es später ähnlich in Fellinis »La Dolce Vita« zu finden ist), was einem fehlt, was man empfand, nachdem man es verlassen und verloren hat. Was dann bleibt, das ist nur ein kleines, universelles Lied von der Straße des Lebens.
7.5 / 10
Autor: Hoffman
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