Godards Film »Une Femme Mariée« ist (wie unschwer an dem vollständigen Titel zu erkennen wäre, hätte ich ihn denn niedergeschrieben) ein Experiment, in dem er den Alltag des Lebens einer Frau schildert, was für ihn da von besonderen Belang ist, sind Beziehung, Ehe, Dasein und Liebe, Die Frau (Macha Méril) zwischen zwei Männern (= dem Ehemann, ein Pilot und dem Liebhaber, ein Theaterschauspieler). Es ist durchaus ein körperlicher Film geworden. Godard möchte schließlich durch diese Körperlichkeit die Zärtlichkeit, Intimität und Nähe von seinen Protagonisten darstellen und ausdrücken. In der Ouvertüre untersucht Godard durch die Berührung den weiblichen Körper in Etappen, fragmentarisch geschnitten bis zum äußersten, dabei kehrt er auch stets zurück zu diesen Detailaufnahmen im Verlauf. Das Schwarzweiß der Bilder unterstreicht zugleich den Versuch der Realitätsnahe, sie sind schlicht, aber in gewissen Sinne auch ästhetisch. Kunstvoll berichtet er über den Alltag, das geheimnisvolle Voice-Over der Protagonistin zeichnet bruchstückhaft und assoziativ ihre Gedanken, Zweifel, Fragen und Überlegungen ab.
Die Kamera, die ihren Fokus auf verschiedenes hat, legt die Bedeutung der handelnden Aktionen fest, geht mit den Charakteren mit oder entfernt sich von ihnen und richtet sich zu anderem, ob Figuren oder Dialogen. Folglich sind für mich auch die spannendsten Szenen, wenn Godard die Kamera einfach nur seinen Protagonisten folgen lässt und ihre Aktion beziehungsweise Interaktion im Bild beobachtet, welche konstant in Godards Film vorherrschen. Der Ton ist nuancenreich, eben so wie Godard die Realität vermitteln will, so wie wenn sich die Frau im Badezimmer vorbereitet (im Bild gezeigt), während im Hintergrund die Stimme ihres Jungen zu hören ist, der ein Liedchen singt oder ihr Mann bereits nebenbei einen Dialog mit dem Gast führt, so unbedeutend diese Szene auch erscheinen mag, so faszinierend ist sie auch in Hinsicht der menschlichen Wahrnehmung im Kino und der Erzeugung von einer realistischen Illusion. Auch Godards Charaktere beschäftigt die Frage von Wunschtraum und Realität (in Hinsicht der Liebe und des Menschen). Aber es sind auch andere Themen, welche Godard durch sie aufgreift, wie durch eine Dreiteilung eines Gespräches, bei welcher sie direkt in die Kamera (als Ansprechpartner und erst spät wieder zu den Figuren selbst) sprechen, ihre Antworten geben, auf Fragen, die man nicht kennt: So wird einmal über die tote Vergangenheit, die Erinnerung und das Gedächtnis wie auch das Vergessen gesprochen, dann die Gegenwart, die Leben und Überraschung bedeutet, die Liebe und die Vergänglichkeit angerissen, bis man zum dritten Punkt, der Intelligenz und dem Intellekt, kommt. Aber nein, es ist eine Vierteilung, die Kindheit nicht zu vergessen!
Was für eine Überraschung! Die Welt ist wohl absurd. Die Musik dazu ist eigentlich wenig erwähnenswert, ja Godard verwendet sie durchaus wirksam, sie ist teils gesellig, aber zumeist anregend, dynamisch und voranschreitend, aber ist das so etwas besonderes? Da ist der Ton doch wesentlich interessanter in seiner Formierung, wenn scheinbar das Durcheinander von mehreren Stimmen das dargestellte Gespräch zwischen zwei Frauen übertönt wird, nur wenig ist noch von ihnen deutlich zu vernehmen, und Godard darauf zur assoziativen und wahrscheinlich manipulativen Schrift greift. Etwas ironisch mutet das Resultat an. Außerdem gibt es Liebe und Lust oder Liebe und Täuschung (wie im Theater). Zentral ist hier das Thema der Liebe (wie immer bei Godard), auch wenn er über verschiedenes darüber hinaus sinniert. Es bleibt ein kurzer Einblick. Es zählen die Eindrücke der Täuschung und Vorspiegelung, so täuschen sich auch die Charaktere selbst, in dem sie das Geschehene, was ihr Leben verändern könnte, ignorieren und einfach weiterleben, als wäre es nichts geschehen. Es fragt sich nur wie lange das noch möglich sein wird.
7.5 / 10
Autor: Hoffman
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