Mittwoch, 20. April 2016

Kein Zombie, nur gesichtslos - Kritik: Bruiser (2000)

George A. Romero ist selbstredend vormerklich durch seine Zombiefilme bekannt geworden. Er war es erst, der die Zombies in einen gesellschaftlichen Kontext einband und sie somit definierte. Vorab ist die Schauergestalt des Untoten vorwiegend an den Voodoo-Kult gebunden gewesen, ehe sie 1968 in NIGHT OF THE LIVING DEAD ihre Gräber verließen. Seitdem dauerte es knapp zwei Jahrzehnte, um die erste Trilogie mit weiteren Themen wie einer bitterbösen Konsumkritik und militärischer Idiotie zu komplettieren. Leider fiel die zweite Trilogie ab dem Millenium bei der Kritik durch, obgleich Romero auch in dieser mehr Einfälle (der nächste Evolutionsschritt der Zombies, Found Footage-Ästhetik und Western-Mythen) verwirklichte als die meisten seiner Kollegen. Undankbarkeit ist der Welten Lohn und dennoch hat Romero einen besseren Stand als viele der anderen Altmeister des Horror: Auf Dario Argento und seiner katastrophalen Spätphase wurde hier bereits genügend eingegangen und Wes Cravens versammelte ab den 80ern zwar einige Aussetzer (besonders THE HILLS HAVE EYES 2 oder VAMPIRE IN BROOKLYN sollten erwähnt werden), was aber angesichts der phänomenalen Scream-Reihe nicht ins Gewicht fällt. John Carpenter und Tobe Hooper  hingegen nähern sich mit GHOSTS OF MARS oder MORTUARY durchaus ihrem italienischen Freund auf einige negative Weise an. Romero war indes später nicht allzu produktiv, kann dafür aber neben besagter neuen Zombie-Reihe mit STARK zudem eine der eindrucksvollsten Stephen King-Adaption vorweisen. Lediglich ein Werk fällt dazwischen, welches gemeinhin einen wirklich üblen Ruf genießt: BRUISER schaffte es aufgrund einer erzwungenen Vermarktung als Horrorfilm gar nicht erst in die Lichtspielhäuser. Doch inwieweit stimmen die Unkenrufe und welchen Reiz versprüht der Film möglicherweise nichtsdestotrotz?



In BRUISER türmen sich die Probleme für die Hauptfigur Henry Creedlow (Jason Flemying), die nicht nur das Interesse seiner Frau verloren hat, sondern auch noch mehrfach vom besten Freund oder Chef hintergangen wird. Dass er den Suizid eines Radioanrufers miterlebt, könnte seiner Umgebung egaler nicht sein. All die daraus resultierenden, unterdrückten Frustrationen machen sich eines Morgens sogar physisch bemerkbar, indem eine völlig weiße Maske Henrys Gesicht verdeckt. Jegliche Versuche, sie zu entfernen, führen zu Verletzungen an der Gesichtshaut. Eine solche surrealle Idee muss umso unwahrscheinlichere Konsequenzen nach sich ziehen, so entsorgt Henry nicht nur seine Frau mit einer Schlinge um den Hals aus dem Fenster, sondern jagt auch seine anderen Peniger. Sein Chef (am Rande des Wahnsinns: Peter Stomare), ein völlig überdrehter Narzisst, der sich nicht nur vor den Angestellten entblößt und öffentlich Fotos von Models mit seiner Zunge liebkost, sondern zusätzlich den Liebhaber seiner Frau darstellt, ist das eigentliche Ziel des maskierten Vigilanten, das er bei einer Kostümparty (in der nicht weiter auffällt) schließlich in die Enge treibt. Romero erzählt somit die Geschichte eines Selbstjustizlers, der mit der verhüllenden Funktion seiner Maske nur weitesgehend unerkannt bleiben kann und eine Veränderung seiner Persönlichkeit durchlebt. Statt aber um Fragen der Identität zu kreisen, wird die Oberfläche des Plots nie wirklich durchbrochen. Wobei natürlich gar nicht erst ein THE FACE OF ANOTHER erwartet werden sollte. Die anfänglichen Rachevorstellungen, die zu Beginn des Films noch Vorstellungen bleiben, gleiten also in die Wirklichkeit über. Oder doch nicht? Diese Frage wird letztlich offengelassen, was durchaus etwas lyncheskes an sich hat. So manch schwarzhumorige Situation sorgt zumindest für einige Schauwerte. Die fehlende Moral kann man entweder als mutig oder einfach nur rotzig betrachten. Zwar handelt es sich fraglos Romeros blödesten Film, aber wie bereits angeführt: Es geht auch wesentlich schlechter.

                                                                        4/10

Autor: DeDavid

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