Mittwoch, 30. September 2015

Das Märchen von einer kleinen Prinzessin - Kritik: Little Princess (1995)




Das Etikett »Märchen« springt förmlich von der ersten Sekunde aus Alfonso Cuaróns »Little Princess« heraus, springt den Zuschauer an. Sein Film ist eine mit bemerkenswert einfühlsamer Naivität ausgestattete Kindergeschichte, die sich für die Fantasie der Kinder ausspricht, nach der Vorlage von Frances Hodgson Burnett, die auch bekannt ist für weitere Kinderbücher, wie »Der geheime Garten«, der dem hier nicht ganz unähnlich ist. Auch diese Geschichte beginnt im sagenhaften Indien, wo die kleine Sara, eine fantasievolle Geschichtenerzählerin und Prinzessin (wie jedes Mädchen), mit ihrem Vater (Liam Cunningham), einem britischen Offizier der Armee glücklich lebt. Im Hintergrund der Geschichte ist auch der erste Weltkrieg, der dazu führt, dass Sarah´s Vater sie nach Amerika schickt, in ein Mädcheninternat und sie die dortigen Mädchen mit ihren Geschichten erfreut. Es ist ein Film über den Glauben an das Märchenhafte und an die Magie, aber auch ein Film, der von Freundschaft und Zusammenhalt unter den Mädchen handelt.



Es ist demnach ein herzlich-weltfremder, eigentlich harmloser und seichter Kinderfilm, dessen Farben so illusionär sind wie der gesamte Film, der damit fast schon comichaft erscheint. Es ist ein üppiger und buntscheckiger Zauber, den Cuarón mit der Hilfe von Emmanuel Lubezki an der Kamera einfängt in seinen Bildern. Seine visuelle Gestaltung ist weit weg, von dem, was man »wirklich« nennen würde. Die Fenster leuchten weiß, das Licht schimmert deutlich in die Räume hinein, alles scheint erleuchtet. Es ist eine farbenfrohe Bilderpracht, welche die Beiden präsentieren. Sie machen große Augen dafür. Dick und fett markieren sie dieses Wort, Märchen, in ihrem Film, was natürlich auch meint, dass es eine mehr als klare Einteilung in Gut und Böse gibt.




Der Stoff des Films dagegen ist altbekannt und bleibt zunächst einmal leicht, erst nach der Hälfte erreicht der Film einen (wirklich) dramatischen Punkt, wenn sich die strenge Rektorin der Mädchenschule nach dem (vermeintlichen) Tod des Vaters im Krieg hinter ihrer bigotten Fassade als boshafte Hexe, als herrischer Drache entpuppt, der Sara, weil sie kein Geld mehr hat, als Dienstmädchen arbeiten lässt. Dann entfaltet das Ganze, da das Mädchen auf sich allein zurückgeworfen wird, eine (wie es scheint) desillusionierende Tragik. Es scheint ein abrupter Wechsel vonstatten zu gehen. Doch Cuarón bleibt seinem vorherigen Kurs treuer, zwar vergisst er nicht ganz Krieg, Armut und die Waisensituation, berührt sie, streift diese Punkte, aber er scheint dazu zu neigen die Flucht zu ergreifen, wie seine Protagonistin, die ihren Glauben nicht verliert. Er bleibt dabei es eher lieblich zu präsentieren, wieder munterer zu werden und auch teils in fratzenhafte Komik über zu gehen. Er zieht sich ganz zurück auf diese Mädchenschule, zentriert sein Geschehen dort und wirft nur periphere Blicke auf das, was außerhalb davon liegt. Sicherlich ist dabei Cuaróns kindliche Neugier beachtlich, jedoch ist das Gerüst der Geschichte überschaubar und absehbar, wirkt hinter seiner (pompösen) Fassade kalkuliert und schematisch. Denn es mögen zwar wohlige Bilder sein, welche er liefert, aber das, was die Bilder zeigen das ist wie gesagt altbekannt und ledern, womit sein Film auch damit oftmals den Eindruck von aufgeblähten Kitsch erweckt, bei dem sich jeder denken kann, wie er wohl enden wird.


5.5 / 10

Autor: Hoffman 


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