Mittwoch, 4. Mai 2016

Short Cuts: Jugendliche Nöte im Horrrorfilm

Christine (1983)


Carpenters Werk ist tatsächlich mehr ein kurzweiliger High-School-Film, der sich den jugendlichen Nöten seiner Figuren verschrieben zu haben scheint. Es geht um Potenz, Männlichkeit und Sexualität in diesem Werk. Am Anfang geht es nur um seine Figuren, die der Film braucht, weil er über sie funktioniert, über sie erzählt, mögen diese Außenseiter und insbesondere die (gesichtlos-machohaften) Bullys Klischees darstellen. Interessant ist auch, dass die Erzählperspektive nicht die des Außenseiters ist, sondern die von seinem eigentlich an der High-School akzeptierten Freund, der eine Art Mittlerfigur ist. Ansonsten ist Carpenters Werk natürlich auch ein Rock´n´Roll-Film, der von der Liebe zum Auto, zu einer Mörderkarre, das zum Objekt der Begierde wird, erzählt. Es erlebt eine Personifikation, wird zur weiblichen Femme Fatale. Auf der anderen Seite schildert er eine typische Coming-of-Geschichte, eine Geschichte des Scheiterns, einer Emanzipation eines verlachten Außenseiters, die ins Negative umschlägt. Kann man das eigentlich als konservativ begreifen? Vielleicht ist Carpenters Film das tatsächlich. Es würde nicht wundern. Sein Protagonist (der Außenseiter) macht erst eine äußerliche Wandelung durch und dieses Äußere infiziert zunehmend das Innere, lässt ihn zu einem Vampir werden. Das ist folglich auch im Kern eigentlich ein tragischer Film von einem Jugendlichen, der sich auf seinem Weg zum vollwertigen Erwachsenen verirrt, sich von seinen Freunden entzweit und die falsche Bahn einschlägt. Dabei erzählt Carpenter diese Entwicklung überraschend gemächlich, will aber in der zweiten Hälfte aber doch Schauwerte mit eher plumpen Effekten bedienen, die gewiss nicht ohne Reiz oder reizvolle Bilder sind, aber das Ganze doch manchmal eher in Richtung eines B-Movies rücken.

6.5 / 10


All The Boys Love Mandy Lane (USA 2006)



Es steckt Kraft in diesen Bildern, eine, die mich an Hoopers Texas Chainsaw Massacre erinnert. Das Terrain der Ranch, auf die sich die Jugendlichen ausliefern, womit die Abgeschiedenheit gegeben ist, ist ein urwüchsiges Feld, das Windräder ziert und von flirrender Hitze dominiert wird. Es ist ein Slasher, der besonders stark über seine Adoleszenz-Elemente arbeitet (auch bei Jonathan Levine spielen Außenseiter und ihre Beziehung zur Gruppe eine wichtige Rolle). Der Film will seine Figuren, die zwischen Lust und ihrem Leid tangieren, ernsthaft etablieren. Schaut zunächst in die Vergangenheit, denn Schatten liegen auch über dieser Geschichte. Es ist ein lustvoll spielender Film, der das Ganze auch mit sanften Augenzwinkern angeht. Alle wollen die Jungfrau Mandy Lane und sind zu allem bereit. Die Unschuld wird zu einem heiligen Gefäß, das jeder erringen will. Levine zeigt seine Jugendlichen zwischen Saufen und Verweilen als solche die Fassaden aufgebaut haben, aber dahinter sexuell frustriert sind. Jungen, die zu kleine Schwänze haben oder Mädchen, die Siliconbrüste brauchen. Aber auch sie können sich gewissen Konventionen des Genres nicht entziehen und sterben irgendwann wie die Mücken. Der Film ist nicht unbedingt spannend in konventioneller Hinsicht, aber allemal interessant im Umgang mit dem Slasher.

6.0 / 10


So finster die Nacht (2008)



Der Beginn ist eine mysteriöse Ankunft bei der Nacht, ein so typisches Motiv des Horrorfilms, in diesem aber doch so ungewöhnlichen Genrevertreter, der zwar Genreversatzstücke in seine Narration mit aufnimmt, aber etwas ganz anderes daraus macht. Es ist ein unterkühlt gefilmter Film, in dem der weiße Schnee bald schon rotes Blut tragen wird. Es ist schlichtweg ein Werk über das Ende der Unschuld. Der Film bewahrt in seiner schwedischen Tristesse als Kulisse eine kummervolle Traurigkeit in sich. Tomas Alfredson erzählt eine empfindsam beobachtete (und nur zeitweise dem Effekt verfallende) Außenseitererzählung, über einen blassen Jungen, der von seinen rotzigen Mitschülern gehänselt wird, und ein ebenso blasses geheimnisvolles Mädchen, die zueinander finden und auch zueinander halten. Es ist eine Geschichte über Einsamkeit und - wie typisch für Vampirfilme - unschuldige Liebe. Alfredson legt bei seiner Inszenierung besonders Bedacht auf Schärfeverlagerungen, hat damit einen aufmerksamen Blick auf seine Figuren, weil er bestimmt, wohin sein Fokus/Interesse in diesen teils dichten Einstellungsgrößen der Bilder gelegt wird und durch diese Dichte auch die Nähe zwischen den Figuren und zu den Figuren hergestellt wird. Es ist ein Film von grausamer Schönheit.

7.5 / 10

Autor: Hoffman 

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