Mittwoch, 11. Mai 2016

Welles' Schauermär - Klassiker der Extraklasse: Macbeth (1948)


Orson Welles, der erste, der sich dem Stück »Macbeth« von Shakespeare widmete, entführt in seiner Version den Zuschauer in eine mythische Vergangenheit. In einem mystisch aufgeladenen Prolog, in dem er in einer von Nebel behangenen Szenerie seine Hexen auftreten lässt, um Macbeth als Figur zu formen, nimmt er mit einem Voice-Over die gesamte Geschichte bereits vorweg. Die Geschichte ist bereits geschrieben. Sie ist vom Schicksal vorherbestimmt, könnte man meinen. Orson Welles interessiert das Archaische, das Ursprüngliche an der (für ihn eigentlich typischen) Aufstiegs- und Fallgeschichte seines Protagonisten (vgl. »Citzien Kane«), die auch mit dem Untergang verbunden sind. Er verknappt die Erzählung, ihn interessiert nur das Wesentliche, bestimmte Aspekte. Er beschwört diese Geschichte - nah an der Vorlage von Shakespeare und seinen Dialogen - in expressionistischen Bildern herauf, die bewusst mit Licht- und Schattenspielen arbeiten. Diese Welt, die Welles hier zu Beginn vorgestellt, ist Gefangen im Schleier des Nebels. Die Schauplätze des Films sind davon eingeschlossen, dadurch aber auch auf ihr Inneres, also das, was im Inneren des Nebels liegt, fokussiert. Das macht den Raum des Films zu einer deutlich herausgestellten Bühne. Welles interessiert sich sonst auch bei seinen Figuren (der Fokus liegt hier vornehmlich auf Macbeth und Lady Macbeth), die nichtsdestotrotz durch ihr theatrales Auftreten unnahbar sind, für ihr Inneres, das er in den Bildern nach außen kehrt. Das lässt diesen Film erdrückend wirken.



Es ist dabei auch ein Film, der sich um Schein und Sein in seinen Bildern dreht. Denn es liegt eine Kargheit in diesem Film, vor allem durch seine bühnenhafte Studiokulisse. Es ist schlichtweg eine künstliche Welt, die Orson Welles skizziert, dadurch dass der Film (wohl auch durch sein geringes Budget, bei der Produktion handelt es sich schließlich auch um ein Republic Picture, die sich sonst meist auf B-Movies und Western spezialisierten) mit Reduktion arbeitet, was bei Kulisse und Ausstattung deutlich wird, die man beinahe spartanisch auf ihre Weise nennen möchte. Das geht aber in Einklang mit dem Archaischen, ist gewiss kein Widerspruch. So gibt es in diesem »Macbeth« keine Burg, sondern nur ein Steingemäuer, das gewiss keine Gemütlichkeit verspricht, ganz im Gegenteil sogar mehr wie ein Verließ erscheint. Überhaupt muss man festhalten, dass das Werk von Welles alptraumhafte (oder wahnhafte) Bilder bereithält, die durchaus auch an Beispiele wie Whales »Frankenstein« oder dem Gothic-Horror gemahnen. Durchaus ließe sich deshalb festhalten, dass Welles aus dem Theaterstück von Shakeapeare in gewisser Weise eine faszinierende und markant bebilderte Schauermär macht, das den Mythos der Geschichte zementiert.


6.5 / 10

Autor: Hoffman 

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