Donnerstag, 15. Juni 2017

Infantile Mannwerdung in der Natur - Kritik: Kings of Summer (2013)


 »Kings of Summer« könnte man eigentlich ideal als Klischee eines Indie-Films verstehen, der sich dem Thema Adolszenz annimmt und ohne Frage dabei von Werken wie »Stand by me« beeinflusst wurde. Es ist im Kern eine schlichte Rotzlöffel-Geschichte von Jugendlichen, die nicht mehr ihre Eltern ertragen. Diese Eltern müssen natürlich überzogene und darüberhinaus kaum näher skizzierte Karikaturen sein. Da gibt es etwa die mürrisch-einsamen Väter oder eben die neurotisch-biederen Eltern und die Jugendlichen sind entnervt von ihnen, fühlen sich drangsaliert oder reagieren sogar allergisch auf sie. Fraglos ist dabei, dass der Film als lieblich-lockeres Feel-Good-Movie konzipiert wurde, denn zu tieferen Themen stößt der Film sowieso nicht vor, macht sie sich die Welt eben mit tölpelhaften Klamauk leicht. Das soll ja wohl eigentlich auch nur ein leichter Sommer- und Jugendfilm sein, der von Freundschaft erzählt. Es geht sonst um Jungen, die in den Wäldern, auf sich gestellt, zu Männern werden wollen, einen Initationsritus vollziehen wollen und folglich ihr eigenes Haus in den Wäldern bauen - nur für sich. Da geht es natürlich auch wieder um ein Abenteuer, auf das sich die Jungen einlassen und womit der Film auch Werte wie Freiheit und Selbstbestimmung propagiert. Der Film betrachtet das recht naiv und natürlich wird dieses Idyll in der Natur idealisiert betrachtet. Die Natur ist eigentlich immer schön. Der Film begreift die Natur folglich als einen ästhetischen und verklärt-romantischen Ort, an dem man sich einfach wohlfühlen darf.


Der Film versucht weiterhin seinen Protagonisten auf einer Ebene zu begegnen, auch wenn die mögliche Identifikation mit den Figuren weniger aus den Figuren selbst herrührt, die eigentlich kaum bis auf wenige Stichworte kaum näher erforscht werden, als durch die Situation, in der sie (mit ihren Eltern) stecken. Das Einzige, was dann noch das vermeintliche Paradies der drei jungen Männer im Wald (immerhin macht der Film ja klar, dass das Funktionieren dieser Gemeinschaft nur auf Selbstlügen beruht) stört, ist natürlich ein Mädchen (auch hier gilt: Hat eigentlich so gut wie keinen Charakter), das die beiden Freunde Joe und Patrick entzweit. Unverkennbar sollte damit auch sein wie formelhaft dieser eigentlich banale Film gestrickt sich.

Des weiteren ist das eigentlich auch ein Film, der auf auf Fast Forward läuft, mit einer dumpfen Hysterie erzählt, die sich sehr augenscheinlichen Mitteln bedient. Die Dreifaltigkeit der Inszenierung besteht im Grunde aus ästhetisierten Zeitlupen, Schärferverlagerung und gefälliger Indie-Soundtrackbeschallung, was man im Grunde meistens alles als Spielerei der Regie abtun darf. Ein Problem des Filmes besteht schlichtweg darin, dass er viel zu zappelig ist. Der Film ist ruckartig geschnitten und kein Bild ist jemals allzu lange ruhig. Der Film möchte besonders zu Beginn gerafft erzählen, aber hier macht das auch einen stakkatoartigen Eindruck, weil der somit immer wieder ein neues Fass aufmacht, das er aber nur anreißt, als könne er es nicht abwarten weiterzukommen, als dürfe er sich nicht die Zeit für bestimmte Szenen nehmen. So springt der Film - besonders am Anfang - herum zwischen Orten, Figuren, Tageszeiten, muss alles mit einem eiligen Tempo abarbeiten und kommt niemals zur Ruhe, weil er sich auf enervierende Weise vorwärts bewegen will, womit ihm aber auch das Gleichgewicht fehlt, um Nähe (oder gar Intensität) zu schaffen.


Dazu muss man auch sagen, dass der Film an sich wenig geschliffen ist, Probleme auch gerne mal beiseite wischt, seine Figuren weniger einführt als denn wirklich abrupt und lieblos in die Geschichte zu schmeißen. Das scheinen seine Figuren aber irgendwie auch verdient zu haben. Der Film ist ja auch eigentlich weniger an Inhalten oder Figuren oder irgendetwas Intelligentem interessiert als denn am teils beschähmenden Kindergarten-Klamauk. Der Film hat, so muss man das sagen, einen geradezu parodistischen Ton, lässt Albernheiten und Peinlichkeiten ihren Lauf, witzelt doof herum. Es gibt keine Reflektion in diesem Film. Man mag sich nun fragen: Aber ist das denn nicht auch logisch einen albernen Film zu drehen, der sich der fröhlichen Albernheit der Jugend verschrieben hat? Ich sehe ein Problem darin, weil der Film vielleicht damit seine Zielgruppe anspricht, aber ihr nichts vermittelt, nie eine wirkliche Ernsthaftigkeit oder besser gesagt noch Sensibilität in seinem Szenario verankert - und wenn er es versucht, scheitert er kolossal.

Es finden sich in diesem Film nur Oberflächen und am schlimmsten in dieser Hinsicht die Figur des Biaggio (Moises Arias), einem schrecklich absurden Zwerg, einem einzigen Comic Relief, dessen Sinn in dieser Geschichte sich mir bis zum Ende nicht erschlossen hat und mit der der Film zur grenzlosen Grütze mutiert, weil diese Figur nichts zu sagen hat, weil sie der vollkommene Witz ist, bloß finde ich diesen Witz nicht lustig. Das letzte Drittel mit einem deplatziert hohlbirnigen Showdown (immerhin wird nach die Schlange nach allen Regeln der konventionellen Drehbuchlehre im ersten Drittel bereits etabliert) darf dann auch als fragliches Ende dieses Films gelten, weil es nicht funktioniert, weil der Film sich vorher über alles lustig gemacht, kindisch war, nun aber versucht eine gewisse Dramatik aufzubauen, womit der Film aber auf leerem Untergrund steht. Man kann damit wohl am Ende auch festhalten, dass dieser Coming-of-Age-Film seichter Firlefanz ist. Es geht hier nicht um das Erwachsenwerden - das kann man als reine Behauptung abtun, denn der Film ist selbst noch nicht erwachsen geworden, ist irgendwann in der infantilen Pubertät gedanklich stehen geblieben. Aber bei aller Kritik muss man doch zugeben, dass der Film, wenn man das alles ertragen kann, wenigstens recht kurzweilig ist.


5.0 / 10

Autor: Hoffman  

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen