Mittwoch, 27. September 2017

I Hope I Become A Ghost - Kritik: A Ghost Story (2017)



Normalerweise geht es in Haunted-House-Filmen nicht besonders originell zu. Eine (meistens mehrköpfige) Familie zieht in ein neu erworbenes oder geerbtes Haus ohne von dessen finsterer Vorgeschichte zu erfahren. Es häufen sich anschließend die seltsamen Vorkomnisse im Anwesen, die zunehmend bedrohlicher werden und auch den Sinneszustand der Familienmitglieder gefährden. Irgendwann engagiert die Familie übernatürliche Experten, die bedauerlicherweise mehr oder weniger machtlos gegen die spukende Entität sind. Letztlich kommt es zum nicht selten überbordenen Showdown zwischen dem oder den Wesen und den verbliebenen Widerständlern. Variationen sind selbstredend beizeiten zu finden. Die andere Seite der Medaille indes, also die Sicht des Geistes selbst, wird verhältnismäßig wenig bemüht. Ausnahmen stellen GHOST von Jerry Zucker oder GHOST DAD mit, nun ja, Bill Cosby, dar. Bei diesen Vertretern handelt es sich um Komödien, in denen Konflikte gelöst werden müssen, damit die verstorbene Person (oft eine Art Schutzengel) ins Jenseits ziehen kann. Zudem sind die verbliebenen Angehörigen mindestens ähnlich relevant für die Erzählperspektive. Als wesentlich radikaler lässt sich David Lowerys A GHOST STORY bezeichnen. Nach einer Auftragsarbeit für Disney dreht dieser abermals mit Casey Affleck und Rooney Mara einen Film um Beziehungsfragen, wie man zunächst meinen möchte. Zu den verkörperten Figuren wird namentlich nicht referiert, lediglich mit den Initialen C und M lassen sie sich identifizieren. Sie stellen eines Nachts in ihrem Vorstadthaus fest, dass merkwürdige Geräusche vom Klavier ausgehen. Jedoch lässt sich keine Quelle für das Treiben ausfindig machen. Bereits am nächsten Tag stirbt C in einem Autounfall (von dem lediglich die Folgen zu sehen sind) und landet auf der Obduktionsbahre. Von dort erhebt er sich alsbald samt Laken und zieht als Geist durch die Gegend.



Äußerlich ähnelt seine Erscheinung einem Kind, das für Halloween zu wenig Geld für ein umfangreicheres Kostüm besitzt und sich deshalb mit einem Lakem mit schwarzen Löchern für die Augen begnügen muss. Also das nur denkbar simpelste Kostüm. Was zugegebenermaßen irgendwie albern klingt, funktioniert hier hingegen ganz wunderbar. Afflecks zotteliges Gesicht verschwindet vollends, womit keine Gelegenheit zur Mimik und Gestik ermöglich wird, und grundsätzlich könnte sich auch eine beliebige andere Person unter dem Laken befinden. Minimalistischer geht's nimmer. Jedenfalls zieht C-Ghost wieder zum Vorstadthaus zurück, wo er seine Frau bei Alltäglichkeiten beobachtet. Dies geschieht in quälend langen Einstellungen, in denen die ätherische Gestalt auch keine Möglichkeiten zur Kommunikationen ausprobiert: Es ist schlichtweg nur ein Beobachten, ausdrucks- und bewegungslos, fast schon in Echtzeit. C-Ghost durchstreift nun das übersichtliche Haus und begegnet schon früh neuen Bewohnern, die er offenbar nicht so schnell akzeptiert, so lässt er es tatsächlich spuken, indem er ein Glas in die Höhe steigen lässt. Schaut er aus dem Fenster, sieht er im Nachbarhaus ein anderes Lakengespenst, das wiederum ihn beobachtet. Die Kontaktversuche zwischen den beiden lassen sich sogar als irgendwie putzig beschreiben. Anders als üblich ist C-Ghost an keine Zeit gebunden und erlebt eine Hausparty, durch die er wie ein Fremdkörper zieht, den Abriss des Hauses, einen futuristischen Wolkenkratzer an dessen Stelle und eine Siedlerfamilie, die von Indiandern ermordert wird. Dieses Gleiten durch die Zeit, während C-Ghost zugleich an denselben Ort verweilen muss, ist eine der tollsten Ideen des Films, der sich einfachen Genre-Klassifizierungen verweigert. Allerdings wird das poetische Treiben durch die lästige und irgendwann sogar dauerbeschallende Pop-Song-Auswahl getrübt. Eine völlige Stille oder dissonante Akustik wäre eventuell angemessener gewesen für die Wahrnehmung eines Geistes, der sich ansonsten auf mehreren Ebenen angenähert wird. Eine Kreisbewegung beseitigt schließlich offene Fragen, was vielleicht auch nicht nötig sein müsste. Insgesamt ein interessanter Versuch, der bestimmt vielen in den Kinosälen einiges an Geduld abverlangen wird.

                                            6-7/10

Autor: DeDavid

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