Freitag, 15. Dezember 2017

Gewalt und Feingefühl - Kritik: Der wilde Schlag meines Herzens (2005)


Jacques Audiard macht aus seiner im Grunde dünnhäutigen Geschichte einen nichtsdestotrotz energischen Film, bei dem er den Zuschauer vorbehaltlos in sein Werk hineinwirft. Thomas (temperamentvoll: Romain Duris), 28 Jahre alt, ist ein junger und eigenwilliger Kerl mit zwei Gesichtern. Er ist ein durchaus finster wirkender und erbarmungsloser Schuldeneintreiber sowie ein rabiater Rausschmeißer in der Immobilienbranche, ein »Hausmakler«, wie er sich einmal selbst nennt, dessen Herz aber auch für die Musik schlägt. Ein Feuer lodert in ihm. Als ein Junge, der mit der Musik groß geworden ist, bekam er Klavierunterricht, wies dabei Begabung auf, aber seit dem Tod seiner Mutter, einer Pianistin, vor 10 Jahren, hat er es aber aufgegeben. Als er zufällig auf seinen alten Klavierlehrer trifft, entdeckt er das Klavier wieder für sich, setzt sich wieder intensiver daran und will seinen Traum, ein Konzertpianist zu sein, verwirklichen. Es entstehen zwei Welten für Thomas, die in Konflikt geraten.



Diese formal realistisch gehaltene Geschichte entwickelt sich auch durch die Nebenfiguren, wie dem Konflikt von Tom mit seinem ebenfalls kriminellen Vater (Niels Arestrup), der ihn scheinbar in das Geschäft gebracht hat, womit Audiard das Ganze weiter mit Leben füllt. Audiard bleibt stets dicht an seinen Figuren mit der Handkamera, die oftmals ohne festen Halt agiert, hektisch, schwankend als auch provisorisch erscheint, ständig in Bewegung ist und dadurch die Bilder auch außergewöhnlich lebendig macht. Es ist so als kenne die Kamera keine Distanz, wolle sie nicht kennen oder wolle sie sogar aufheben. Audiards Betrachtung auf seinen Protagonisten ist ebenso impulsiv wie auch sensibel in den ruhigeren Momenten, in denen sich die Kamera zurücknimmt und still beobachtet. Er achtet auf die kleinen Details und Gesten, beweist dabei einen genauen Blick, wenn er bestimmte Dinge näher betrachtet, wie die Hände von Tom beim Klavierspielen oder seine Fingerübungen an öffentlichen Orten, auf der Straße oder in Cafes, in denen er das Stück sich noch einmal durch den Kopf gehen lässt, die Klänge in den Finger fühlt. Es ist also ein wuchtiges und pulsierendes Werk, dessen (wildes) Herz und dessen Leidenschaft man deutlich schlagen hört.


7.0 / 10

Autor: Hoffman 

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