Samstag, 26. Januar 2013

Wie eine Westernhommage nicht aussehen sollte - Kritik: Django Unchained (2012)




"Django Unchained" macht umso deutlicher, dass auch ein Quentin Tarantino nicht im Jungbrunnen gebadet hat, und dass auch er gerne alten Wein in neuen Gläsern einschenkt. Das übliche Tarantino Programm halt: Dialoge, Zitate, Referenzen, Coolness, Blut, Gewalt, Musik, und so weiter und so fort... Ich finde, näher muss ich darauf nun wirklich nicht eingehen. Und dass Herr Tarantino Italowestern sehr gerne hat, sollte mittlerweile auch niemanden mehr vom Hocker hauen, waren "Kill Bill" und "Inglourious Basterds" ja schon halbe Western. Da liegt es ja irgendwo nahe, dass von Tarantino auch mal ein "richtiger" Italowestern kommen muss. Ja, das geschah nun mit "Django Unchained", jedoch fällt das Ergebnis für mich mehr als nur ernüchternd aus. Fangen wir einfach am Anfang an: die Eröffnungsszene mit dem originalen "Django" Thema ist schön, und auch der Plot ist vielversprechend und könnte mit seinem Protagonisten, dem Sklaven Django, dem Film eine gewisse politische Brisanz verleihen, da die Sklaverei und der Bürgerkrieg in Amerika noch heute nachhallen. Das wirkt fast so, als hätte sich Herr Tarantino da einiges vorgenommen...



Ich kam schon bei meiner "Inglourious Basterds" Auffrischung vor einiger Zeit zu dem Schluss, dass Tarantino Probleme damit hat, eine wirklich große Geschichte zu erzählen und hatte auch meine Bedenken in Sachen "Django Unchained". Und was soll ich sagen? Was ich befürchtet hatte, ist eingetreten. Tarantino versäumt es wieder einmal, den Zuschauer sicher durch seinen Film zu führen. Da wäre zu allererst der "german Gentleman" Christoph Waltz (Nur so am Rande: Ist die Rolle des guten, deutschen Kopfgeldjägers eine Art "Entschuldigung" dafür, dass in "Inglourious Basterds" kein Unterschied zwischen einem deutschen Soldaten und einem überzeugten Nationalsozialisten gemacht wurde?). Natürlich spielt er seine Rolle gut und sauber, jedoch passt einfach vorne und hinten nichts. Stahl er in "Inglourious Basterds" noch dem Rest des Casts die Show, beginnt seine aufgesetzte, ja fast schon zwanghafte, Coolness hier schnell zu nerven. Ja, er nervt einfach, ich kann es nicht anders sagen. Welche Hauptfigur in einem Italowestern ist schon so eine bornierte Quasselstrippe, die unbedingt cool sein will, jedoch so wirkt, als hätte sie einen ganzen Baumstamm im Allerwertesten? Es passt schlichtweg nicht. Sicher, einen Clint Eastwood- oder Franco Nero Abklatsch wollte auch keiner sehen, aber diese Figur, sowie Tarantinos gesamter Stil, schaden dem Film einfach. Es gibt coole Sprüche, cooles Gepose und einfach coole Coolness en massé. Doch zu welchem Preis? Richtig, die Geschichte interessiert ab ca. 20 Minuten nicht mehr die Bohne. Es ist halt einfach ein typischer Tarantino Film, der sich die Haut eines Italowesterns übergestreift hat. Ich kann es ganz schwer in Worte fassen, aber ich kann nur wieder betonen: es nervt, es ist anstrengend, es ist schlecht. So erzählt man keinen Western, Herr Tarantino. Sind Sie sich eigentlich bewusst, dass Sie eine überaus ambitionierte Geschichte zugunsten von Dingen, die seit "Pulp Fiction" jeder kennt, über den Haufen geworfen haben? Ich weiß es nicht, und es steht mir auch nicht zu, jetzt darüber zu mutmaßen, jedoch wirkte der ganze Film einfach nur nervig selbstverliebt. Ein Regisseur dreht einen Film angesiedelt in einem seiner Lieblingsgenres, doch er präsentiert nur Dinge, die wir schon längst aus seinen früheren Filmen kennen. 

Natürlich ist das Inszenatorisch noch immer gut, der Score ist stimmig, und so weiter und so fort. Aber ich musste im Kino schnell den Kopf schütteln, da der Film seine Laufzeit, die mit fast drei Stunden einiges zu erzählen gehabt hätte, einfach nicht nutzt. Stattdessen irrt er auf denkbar uninteressanteste Weise seinem Ende entgegen. Währenddessen gibt's halt 100% Tarantino mit all dem, was ich schon längst kannte, und was mir mittlerweile, wenn ich ganz ehrlich sein muss, zum Hals raushängt. Stellenweise wusste ich schon im Voraus, wie sich die Figuren verhalten, was als nächstes passiert, wann der nächste coole Spruch (denkt euch das "cool" bitte immer in Anführungszeichen, da es nicht wirklich cool ist.) kommt und wann der nächste ganz cool abgeknallt wird. Apropos "abknallen": Ja, Tarantinos Filme waren schon immer blutig, und Tarantino darf das ja, denn Tarantino ist Tarantino und Tarantino ist cool und lustig. Wusste ich schon längst, und hat mich auch nie sonderlich gestört. Bis jetzt! Kaum ist einer der endlos langen, endlos coolen, ultra tarantinoesken, affengeilen, kultverdächtigen Dialoge vorbei, entlädt sich der Film in eine Gewaltorgie voller Blut und Shootouts in Zeitlupen, die fast schon 1:1 aus Peckinpahs "The Wild Bunch" stammen könnten. Doch im Gegensatz zu Tarantino hatte Sam Peckinpah etwas zu sagen. Doch was will Tarantino eigentlich mit seinem Film sagen? Dass er cool ist? Achso, hab ich ja noch gar nicht gewusst, danke! Nein, ganz im Gegenteil, das war purer Selbstzweck, und weder grotesk noch ernst. Denn Tarantino hat gar nichts zu sagen. Dass Sklaverei scheiße ist, sollte jeder Zuschauer, der nicht heimlich Mitglied beim Ku-Klux-Klan ist, wissen. Tarantino kann es nicht verheimlichen, dass ein solch brisantes Thema viel zu hoch für ihn ist, und eine tiefere Auseinandersetzung mit der Materie nicht einmal ansatzweise stattfindet. Stattdessen versinkt sein Film mit zunehmender Laufzeit immer tiefer im Sumpf der Belanglosigkeit, nur um sich kurz vor Schluss, nach einem gefühlt dreistündigen Tischgespräch zwischen DiCaprio, der einen Preis für die Fehlbestzung des Jahres erhalten sollte, und Waltz, noch einmal in eine pseudopeckinpaheske Gewaltorgie zu stürzen.



Schließlich zieht sich der Film noch weiter in die Länge, damit irgendwann endlich Schluss ist. Zwischendurch gibt's noch Musik von Maestro Morricone, die irgendwie an "The Strong" aus "The Good, the Bad and the Ugly" erinnert und den Zuschauer wohl daran erinnern soll, dass das hier ein Westerns sein soll. Und dann ist er auch glücklicherweise mal zu ende, und ich war erleichtert, es überstanden zu haben. Und vor allem war ich erstaunt. Erstaunt darüber, wie schlecht der Film doch ist. "Inglourius Basterds" fand ich ja bei den ersten Sichtungen noch toll, doch das hier nervt einfach von Beginn an. Jemand sollte Tarantino mal klar machen, dass seine coolen Dialoge in einer Imbissbude im Los Angeles Anfang der Neunziger wirklich cool waren, aber jetzt - und vor allem in einem Western - einfach nur noch traurig und peinlich sind. Wen das aber schon bei den "Basterds" nicht gestört hat, der wird mit "Django Unchained" irgendwo und irgendwie glücklich werden. Wie in einer Ehe, in der schon seit Jahren nichts mehr im Bett oder sonst wo geht, aber man halt trotzdem zueinander hält. Der Rest wird diesen Film wohl kaum mögen, denn er ist wirklich schlecht, und wenn man bedenkt, dass "Reservoir Dogs" und "Pulp Fiction" schon fast zwanzig Jahre her sind, einfach unfassbar öde und unfassbar belanglos. Für mich schon jetzt der Flop des Jahres. Und ob die Ankündigung eines neuen Tarantino-Werks bei mir in Zukunft auch nur ansatzweise Interesse hervorrufen wird, wage ich auch zu bezweifeln.


4.0/10

Autor: MacReady

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