Cimino erzählt in seinem Western eine Geschichte, die, nun ja... so ganz und gar nicht mit den Idealbildern des Wilden Westens übereinstimmt: Ende des 19 Jahrhunderts geraten in Wyoming die osteuropäischen Siedler mit den einheimischen Rinderbaronen aneinander, weshalb diese eine Todesliste mit 125 Namen erstellen, um sich dem "Problem" zu "entledigen".
Ein denkbar pessimistischer und geschichtskritischer Plot, da er dem amerikanischen Publikum vor Augen führt, dass auch die Männer, die dieses Land zu dem gemacht haben, was es ist, ohne mit der Wimper zu zucken den Tod von mehreren unschuldigen Menschen in Kauf genommen habe. Und wofür? Für's Geschäft, für die Kohle. Bedenke man darüberhinaus noch, dass dieser Film zu einem Zeitpunkt, in dem die USA aufgrund der Wahl Reagens einen deutlichen Rechtsruck durchmachten, entstand, waren der Flop und die Verrisse durch renommierte Kritiker schon vorprogrammiert.
Jedoch darf man jetzt keinen kalten und düsteren Film erwarten, Cimino macht nämlich genau das Gegenteil. "Heaven's Gate" ist nämlich ein visuell unfassbar schöner Film, der in seiner Bildsprache stellenweise auf eine Stufe mit Kubricks "Barry Lyndon" oder Malicks "Days of Heaven" gestellt werden kann, was dem Film auch extrem gut tut, da er sich immens viel Zeit nimmt, um seine Geschichte zu erzählen, und dank der tollen Bildsprache über die vollen dreieinhalb Stunden nicht langweilt, auch wenn die Figuren meines Erachtens etwas vielschichtiger hätten sein können. Dies bessert Cimino allerdings auch wieder aus, da er neben der herausragenden Bildsprache auch ein gutes Gespür für das Leben der damaligen Siedler hat, und das Setdesign sehr gut gewählt ist, sodass ich mich bisweilen fast ins 19 Jahrhundert zurückversetzt fühlte.
Ich kann auch als einigermaßen gebildeter Mensch im 21. Jahrhundert, wenn ich ehrlich bin, nichts entdecken, was "Heaven's Gate" zu so einem furchtbaren Machwerk, als welches es so oft bezeichnet wird, machen würde. Ganz im Gegenteil: Ich halte "Heaven's Gate" für einen der wichtigsten Western, die je gedreht wurden, da er den Mut hat, ein Thema anzusprechen, welches noch immer völlig tabuisiert wird, und diese Geschichte auch sehr glaubhaft und authentisch erzählt. Oder um es kurz zu sagen: ein leider deutlich unter Wert gehandelter Film. Andererseits hat er mich auch nicht so sehr aus den Socken gehauen, dass ich in ihm ein Meisterwerk sehen würde, dafür hat an manchen Stellen einfach noch das gewisse Etwas gefehlt. Was es genau war, kann ich leider nicht erklären, da mich der Film einfach nicht so dermaßen begeistern konnte wie zum Beispiel Ciminos vorheriger Film, "The Deer Hunter". Sei's drum, "Heaven's Gate" ist ein toller Film, dem leider - und zu Unrecht - ein mieser Ruf vorauseilt, was allerdings keinen Freund von guten und denkwürdigen Filmen im Jahr 2013 davon abhalten sollte, sich dieses verkannte Werk anzusehen.
7.0/10
Autor: MacReady
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