Dienstag, 21. Juli 2020

Kritik: Unheimliche Schattenlichter (1983)

Die Neuinterpretation der "Twilight Zone" als Kinofilm kann man gleichermaßen als Hommage der beteiligten Regisseure an die Serie wie auch als Remake verstehen. Drei von vier Episoden des Films berufen sich auf bereits bestehende Folgen der Serie. Diesen wird aber im Kinofilm in den meisten Fällen der Stempel ihres jeweiligen Regisseurs aufgedrückt.
Die einzige einigermaßen genuine Episode ist auch gleich die erste und stammt von John Landis. Es ist wegen dem Tod dreier Darstellender durch den (anscheinend) exzentrischen Größenwahn seines Regisseurs bei den Dreharbeiten auch die umstrittenste Episode des Films. Diese dreht sich um einen Mann, der von seinem blinden Hass gegen das für ihn Andere getrieben wird und diesen Hass nun am eigenen Leib bei einem flotten und in aufwendigen Bildern gedachten Ritt durch die jüngere Geschichte erfahren muss. Hetzte er eben noch gegen die Anderen, sieht er sich nun selbst Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung ausgesetzt. Die Episode von John Landis ist eine moralische Geschichte, in der sein zorniger Protagonist (Vic Morrow) ein Spiegel vorgehalten wird und sein Leben zur Hölle gerinnt, aus der es kein Entkommen gilt. Die satirisch anmutende Prämisse macht hier den düsteren Kurzfilm aus, in dem verschiedene Arten von Vorurteilen, Diskriminierung und der Angst vor dem Anderen recht spektakulär als Hetzjagd durchgespielt werden. So kaschiert diese Episode auch, dass sie im Kern immer den gleichen Trick vollzieht. Das Spektakuläre steht hier über der Vielschichtigkeit. Die durchaus nicht unkluge Aussage des Films wird so in den Zuschauer regelrecht reingehämmert. Dieser Tage ist diese Episode auch nicht ganz uninteressant, weil sie einen Stellungswechsel seines weißen Protagonisten vornimmt und diesem erstmals zunehmend seinen Privilegien als weißer Amerikaner in dem Paralleluniversum entzogen wird.
Die zweite Episode stammt dann von Steven Spielberg und führt uns in ein Altenheim, in dem die alten Damen und Herren vor sich hinvegetieren. Bis ein Neuankömmling (von Kubrick ausgeliehen: Scatman Crothers) ihnen durch einen magisches Zauber, der sie für eine Nacht wieder in Kinder verwandelt, eine Lust am Leben einhaucht. Mehr passiert dann auch nicht. Erst wird viel gequasselt und dann im Garten herum gesprungen. Spielberg mutiert in diesem Fall zum Langweiler der Anthologie. Sein Film ist eine - für ihn immerhin typische - seichte Hommage an die Spiele der Kindheit (vgl. Hook), die man auch im Alter weiter im Herzen tragen soll, um zumindest im Kopf jung zu bleiben. Er erzählt seine Episode mit nostalgischer Biederkeit. Man merkt zwar, dass dies ein Herzensthema von ihm ist, weil es auch hier darum geht die Welt aus den Augen von Kindern zu entdecken, aber bei all diesen Zeichen und Wundern, die auch diesen Film prägen, wirkt das hier alles wie aus einer Mottenkiste: Der gesamte Film wirkt betulich und altmodisch. Kurz: Die Episode ist netter und naiver, in den besten Momenten warmherziger, aber ebenso vergessenswerter Kitsch. Tut also keinem weg. Mit dem später von ihm produzierten "Cocoon" würde Spielberg die grundlegende Prämisse der Episode noch einmal als ganzen Spielfilm von Ron Howard inszenieren lassen.
In der dritten Episode darf nun Joe Dante ran und dreht wieder mächtig am Rad: Eine junge Lehrerin (Katherine Quinlan) fährt ausversehen einen Jungen an und chauffiert diesen zu seinem Heim, einem verlassenen Haus und muss bemerken, dass dort nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Denn der Junge hat übernatürliche Fähigkeiten und tyrannisiert seine Adoptivfamilie, die ein Leben wie im von ihm heiß geliebten Fernsehen spielen müssen. Wir betreten eine bunte Welt des Terrors, der seine Ursprünge im Fernsehen hat. So ist Dantes Episode nun eine comichafte Farce, in der er das auf den ersten Blick heile Bild einer amerikanischen Familie, die aus den 50er Jahren entlehnt scheint, mit großem Spaß demontieren darf und seinen Kurzfilm zu einer schauerlichen Groteske aufschwingen lässt. Auch in diesem Werk zeigt sich Dantes Liebe zum Comichaften und dem Einfluss des Fernsehens, der Brut des Bösen, deren Bilder in die Realität geholt werden und auch grausame Monster aus dem Hut eines Zauberers bergen kann. Daraus entsteht ein überdrehtes und vor allem expressionistisch anmutendes Spiel, das Grauen und Spaß sehr dicht aneinanderkettet. Am Ende nutzt die Lehrerin schließlich ihre Kräfte als Erziehungskraft und nimmt sich dem Jungen an, um ihm in Zukunft beizubringen seine Energien positiv zu lenken.
Das Beste kommt dann zum Schluss: In der gruseligsten Episode der Anthologie setzt George Miller den Zuschauer und seinem Protagonisten John Valentine (verschwitzt: John Lithgow) in einem Flugzeug einer alptraumhaften Klaustrophobie aus. Sein Kurzfilm ist ein schummriges Gruselstück um Leben und Tod über den Wolken. Sein unter Flugangst leidender Held entdeckt ein Monster auf der Tragfläche, das das Flugzeug zum Absturz bringen möchte und versucht die Mitreisenden von dessen Existenz zu überzeugen. Aber niemand glaubt ihm. Wahn und Realität beginnen langsam zu verschwimmen. George Miller gibt dem Zuschauer dabei kaum Zeit zum durchatmen. Sein von Blitz und Donner begleiteter Horrortrip imitiert das Gefühl eines wilden Fluges durch Turbulenzen, in dem es Auf und Ab geht und in dem die kinetische Inszenierung versucht die Bedrängnis seines Protagonisten fühlbar werden zu lassen. Es ist ein gut verdichtet erzähltes, düster bebildertes und durchaus auch schwarzhumoriges Kammerspiel, das effektvoll sein Szenario durchspielt. Ein kurzer Film, bei dem kein Gramm zu viel dran ist.
So bleibt also am Ende ein sehenswerter Anthologiefilm übrig, der je weiter er voranschreitet, umso besser wird. Besonders die Kurzfilme von Dante und Miller kann man als rundum gelungene und verspielte Fingerübungen ihrer Regisseure verstehen, bei denen es sich lohnt einen Blick zu riskieren.

7.0 / 10

Autor: Hoffman

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