Nachdem Truffaut »Jules und Jim« (1962) abgedreht hatte, widmete sich Truffaut diesem kleinen Kurzfilm, bei welchem er die Geschichte seines Alter Egos Antoine Doinel (= dem ewigen Rebellen und Symbol der Nouvelle Vague) weiterspinnt. In »Antoine und Colette« sollte nun unser junger Doinel, der nun beinahe erwachsen ist, das kennen lernen, was ihm in seiner Kindheit verwehrt blieb: Die wahre Liebe. In diesem Fall berufe ich mich übrigens auf die fehlende Liebe seiner Eltern. Dabei ist Truffauts »Antoine und Colette« ein Beitrag aus dem fünfteiligen Episodenfilm »Die Liebe mit 20«, zu welchem unter anderem auch (Renzo) Rossellini, Wajda und (Marcel) Ophüls Kurzfilme beisteuerten. Clever also, dass Truffaut die Möglichkeit nutzte, um seinen Doinel-Zyklus weiterzuführen, wieder mit dem geliebten Jean-Pierre Leaud als Protagonisten. Und sofort fühlt man sich wieder heimisch in den lebendigen Bildern von Paris, dieses Mal ästhetisiert sie schließlich auch der große Coutard, der Lebensnähe schafft. Unser Doinel ist selbstständig, besitzt nun eine Wohnung und ist ein fleißiger, kleiner Arbeiter - in einer Schallplattenfabrik, da wird selbstredend auch des öfteren mal der Chanson gespielt. Leicht und liebenswert erzählt, und auch die alten Bekannten hat Truffaut nicht vergessen, montiert in Rückblicken elegant bekannte Szenen und lässt den Zuschauer nostalgisch an »Les Quatre cents coups« zurückdenken. Das Kino liebt unser Antoine auch immer noch und die erste Liebe trifft er im Konzert - wie hochromantisch! Blicke schweifen, eine Obsession, das Mädchen wird verfolgt und es werden Annäherungsversuche gemacht, mal mehr, mal weniger gelungen. Dann erfolgt die Kommunikation der Beiden (= Antoine und Colette) über Bücher, Platten oder es wird einfach nur so geredet, gern auch über Musik. Sie ist schließlich Musikstudentin, er ein Schallplattenfabrikant. Das sind mir Zwei, die sich gefunden haben! Oder doch nicht?
Colette gibt sich desinteressiert dem verliebten Antoine gegenüber, scheint ihm nicht zugeneigt zu sein, ist so abweisend, wie eine kalte Dusche. Für sie ist er wohl eher ein Freund und Kumpel. Da kann die Liebe schon mal schmerzlich sein, da helfen keine Näherung per Wohnungswechsel oder Besuche. Naja, wenigstens die Eltern empfinden starke Empathie gegenüber einem. Der Kummer ist trotzdem groß. Und wie Truffaut das alles wieder verpackt und schildert, so voller Esprit und Charme, so frei und so munter, wie auch versehen mit diesen feinen Anspielungen und Details, wie das gemalte Bild des jungen Antoine an der Wand, bei denen Truffaut expliziten Bezug zum vorherigen Doinelteil herstellt. Von der Lieblosigkeit führt Truffaut also zur gescheiterten Liebe und will es sichtlich in seinen folgenden Teilen fortführen vielleicht sogar bis zum wahren Glück. Also nur Mut, junger Doinel! Da ist es fast schon schade, dass Truffauts Werk nur ein Kurzfilm ist. Wobei das Konzept dahinter eigentlich logisch erklärbar ist, dass Truffaut einen erneuten (kurzen) Blick in Antoine´s Leben wagt, um zu veranschaulichen, dass auch die erste Liebe nicht die Wahre sein muss. So schafft es Truffaut also wieder die Authentizität der Realität ins fiktive Kino zu bringen.
8.0 / 10
Autor: Hoffman
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