Donnerstag, 22. August 2013

Truffaut Retrospektive #8 - Kritik: Auf Liebe und Tod (1983)



Truffauts letzter Film, welchen er damals verlangte recht schnell abzudrehen, ist eine Hommage an den Film noir und seine absolute Hinwendung zu Alfred Hitchcock und dessen Spannungskino geworden. Die Bilder sind in ästhetisches wie auch reizvolles Schwarzweiß getränkt, mit welchem Truffaut die Kontraste von Licht und Schatten hervorheben möchte, um einerseits seinen Vorbildern näherzukommen, andererseits um die düstere Atmosphäre eines Kriminalfilms zu verstärken. Wieder wird Truffauts Film von einer Frau (Fanny Ardant) dominiert, vorangetrieben als würde sie ihn förmlich beherrschen. Ein Chef (Jean-Louis Trintignant), der unter Mordverdacht steht (wie eben bei Hitchcock) und sie als seine tatkräftige Sekretärin und letzte Vertraute, die er vorher noch abwies und nun wieder um Mitarbeit bittet, die nun helfen will und ermittelt. Ein witziger Aspekt ist hier auch wie Truffaut, ganz im Stile Howard Hawks, die Geschlechterrollen vertauscht, der Mann ist bei Truffaut passiv und defensiv, die Frau schreitet hingegen zur Tat: Frech, mit Herz, Verstand und im Regenmantel. Der Aspekt, der schließlich Truffaut auch zu »Vivement Dimanche« inspirierte. Straff erzählt Truffaut die Geschichte stets zwischen Leichtigkeit und Dramatik, zwischen Humor und Spannung, zwischen düster und salopp und das natürlich mit viel Charme. Gewitzt mixt Truffaut also die bekannten Versatzstücke von Überwachung, Beschattung, Verhören, Detekteien, eigener Nachforschung, Wiederaufnahme durch Rückblenden und Telefonzellen! Wo wären wir bloß ohne sie?!



Eine Suche bei dunklen Nächten und Regen, voller inszenatorischer Details, durch verdächtige Nachtclubs und Hotels, bei der sich Abgründe auftun und Geheimnisse gelüftet werden. Es ist natürlich auch ein Film, in dem Truffaut noch ein letztes Mal in wunderbarer Manier die Beine der Frauen huldigt, als wäre es ein langerwartetes und offenkundiges Geständnis und damit eine Liebeserklärung an sie und die Frauen selbst. Ein feines Detail ist hier daneben auch, dass (wie es die Zeitung schreibt) Kubrick und dessen »Paths of Glory« im Kino läuft, welchem Truffaut hier auch eine gewisse Bedeutung zukommen lässt. Und auch Verweise auf das Theaterspiel und Victor Hugo lassen sich finden. Dabei blickt Truffaut doch auch in kleinen Momenten sanft und interessiert auf seine zwei Protagonisten und ihre Chemie, als wäre ihre Liebe noch unausgesprochen. Da spricht Truffaut freilich auch kurz Hitchcocks Kernmotiv von Schuld und Unschuld an und entlarvt letztlich humorvoll die Verlogenheit, die Niedertracht und die Lügen. So entpuppt sich das Verbrechen als zweifelhafte Tat für die Frauen und ihre Magie, also sind Liebe und Tod vereint! Am Ende stehen ein Mann, der die Frauen liebte und ein versöhnlicher Abschluss. Truffauts letztes Werk ist eine stimmige, verspielte, atmosphärische und im allerersten Sinne unterhaltsame Hommage, bei der man gerne in den Bilder der Vergangenheit (= Nostalgie) schwelgt und Truffaut noch einmal für sein Schaffen danken möchte, auch wenn dieser Film damit die eigentliche Abkehr von seinen anfänglichen Zielen war.


7.5 / 10



Autor: Hoffman

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