Donnerstag, 5. September 2013

Im Bann des gespenstischen Hill Houses - Klassiker der Extraklasse: The Haunting - Bis das Blut gefriert (1962)



Robert Wise möchte eine Geschichte nach Shirley Jackson erzählen, also gut zu hören, Kinder! Vielleicht ist es für manchen sogar die Erfüllung seiner (Alp)träume: Ein unentdecktes Land, friedhofsstill und verlassen, in dem etwas umgeht. Ein Ort gezeichnet von Tragik und Düsternis. Es wird Zeit für Geisterhaus-Geschichten! Eine alte Legende, ganz nach klassischen Vorbild geformt, über das Anwesen Hugh Cranes. Eine Geschichte, die von Tod und Selbstmord berichtet, von einen dunkler Ruf, der voraus eilt und Toten, die keinen Frieden geben können. Wise möchte ein Mysterium um dieses Geisterhaus schaffen, das Haus als das Böse, als Haus des Hades aufzeigen, er personifiziert das Anwesen als ein Monstrum, als lebendiges Etwas, mit Augen (= das Haus in der Großaufnahme), die starren! Dies wird unterstützt durch die expressiven Schwarzweißbilder, in Nacht und Dunkelheit, bei welchem Wise besonders großen Wert auf die Wirkung von Licht- und Schattenkonturen legt. Effektiv entwickelt Wise seinen subtilen Grusel im stilvollen (wie auch isolierten) »Hill House« mit seinen Ornamenten und edlen Verzierungen, mit seinen unheimlichen Statuen, Spiegeln und unbeständigen Wendeltreppen, detailreich lässt Wise dieses Haus filmen und nutzt auch die teils subjektive und flexible Kamera um unterschwellig eine schauerliche und unheilvolle Atmosphäre aufzubauen, die deutlich untermauert wird durch die geheimnisvolle Sprache und Dynamik der Bilder, bei der Wise auch auf gewisse Verzerrungen setzt, das Haus selbst als einen kleinen Irrgarten bezeichnen lässt, auch wenn dieser Aspekt nur anfangs kurz aufgegriffen wird und später nur noch peripher interessiert. Ein eigentlich spannender Aspekt, der vielleicht noch einen konsequenteren Gebrauch hätte erfahren können.



So lädt ein Professor der Parapsychologie seine drei Gäste, einen skeptischen, jungen Angehörigen der Hausbesitzerin und baldigen Erben (Russ Tamblyn) und zwei Damen, die bereits Erfahrungen mit dem Übernatürlichen machten, zum Experiment in dieses Haus ein. Es ist ein Kampf zwischen der rationalen Wissenschaft und dem Metaphysischen, der sich auch in den Figuren und ihrer Haltung gegenüber den Geschehnissen niederschlägt. Wise interessiert sich hier für den Grusel hinter den Türen, er spielt mit den Elementen von Subjektivität, Schein und Einbildung, wie es sich in der unerklärlichen Kälte aufzeigt, es sind demnach illusorische Bilder, welche Wise präsentiert. Während er sich auf der anderen Seite psychologisch den Urängsten und der Furcht der Menschen, in gewisser Weise auch der existenziellen Angst vor Einsamkeit, was auch einen interessanten, gruppendynamischer Aspekt des Films darstellt, widmet. Der Off-Kommentar der Hauptfigur Eleanor ist dazu zwiespältig zu betrachten, er mag zwar vieles ausbuchstabieren, doch unabdingbar ist er nicht, er erleichtert es diese Figur zu verstehen, er erforscht sie und macht erst dadurch ihr fragiles Wesen an sich, ihre Unsicherheit und ihre Nervosität gegenüber der Situation greifbarer; darüberhinaus verdeutlicht der Off-Kommentar in gegebenen Szenen auch die menschlichen Ängsten, schildert die Gedanken und bangenden Fragen, welche den Protagonisten in diesem Momenten durch ihre Köpfe spuken. Er kristallisiert sich dabei aber auch (und die Figur der Eleanor) heraus, er hat so eine abschweifende Wirkung vom Schauer, bei der ich nur schwer sagen kann, ob das effizient oder nicht ist, in vereinzelten Momenten wirkt er somit im Ganzen etwas platt. Durchaus treffen Zauber und Bann des Hauses sowohl Zuschauer als auch Protagonisten, aus Faszination wird bei letzteren anziehende Bestimmung, die Erfüllung ihres persönlichen Glücks; so ist es auch nur konsequent, dass Wise den Zuschauer ohne Erklärung aus dieser Geschichte entlässt, denn in einer modernen Welt muss es eben auch noch Mythen und Geistergeschichten geben und wo sind diese besser aufgehoben als im Kino?



8.0 / 10


Autor: Hoffman


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