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Freitag, 23. März 2018

Rollenspiele - Klassiker der Extraklasse: The Women (1939)







Cukors Filme sind vom Theatralischen fasziniert (The Women ist der Fünfte, den ich gesehen habe), und überall wird sein besonderer Umgang mit Schauspieler erwähnt, der in seinem Regiekonzept Priorität einnimmt. Er erinnert vielleicht an Sacha Guitry, nicht nur durch die längeren Einstellungen und die oftmalige Transkription von Theaterstücken ins Kino, sondern auch durch eine scheinbare Selbstwahrnehmung / durch das Bewusstsein der Theatralik seitens der Akteure. Das Rollenspiel vermannigfaltigt sich; ein Akteur spielt einen Akteur, der einen Akteur spielt (Ich denke hier z.Bsp. an Charles Boyer in Gaslight, oder Katherine Hepburn in Sylvia Scarlett). Darum geht es auch in The Women; angesiedelt in einem karikierten High-Society-Milieu New Yorks handelt der Film vom Klatsch, den diverse Frauen untereinander austauschen; fast immer dreht sich alles um die Beziehungen der Frauen zu ihren Männern und Geliebten, die – berüchtigterweise – nie im Film zu sehen sind, was Andrew Sarris zu folgender, durchaus fragwürdiger Aussage führte:
"The director’s theme is imagination, with the focus on the imaginer rather than the thing imagined. Cukor’s cinema is a subjective cinema without an objective correlative. The husbands never appear in The Women (…)”. 
 Dieses Milieu eignet sich bestens für erwähntes Rollenspiel, denn natürlich sind alle Personen zunächst darauf bedacht, in den Augen der anderen gut dazustehen resp. das Gesicht nicht zu verlieren; andererseits sind sie derart erpicht auf Klatsch, dass sie ständig unter falschen Reden und Vorwänden Informationen ergattern wollen. Die grundsätzlich ehrliche Hauptperson, gespielt von Norma Shearer, die sich von ihrem Mann getrennt hat, nachdem sie von dessen Affäre mit Joan Crawfords Figur erfahren hat, ihn aber immer noch liebt, muss, um ihn zurückzugewinnen am Ende ebenfalls zu dieser Taktik des Rollenspiels zurückgreifen. An einer Stelle schauen sich Frau und Tochter einen in den Ferien gedrehten Film über sich selbst an, was weiter in diese Thematik spielt.



The Women wägt Momente von Einsamkeit und reger sozialer Aktivität gegeneinander ab, beobachtet die Personen zu beiden Zeitpunkten – so wie Lubitsch in Lady Windermere’s Fan, der ebenfalls seine Figuren isoliert betrachtet, um dann den Maskenwechsel beim Interagieren als Pointe ins Spiel zu bringen. Zuweilen werden die beiden Zustände, Isolation und Interaktion, auch genial verbunden, etwa in einem langen tracking shot, bei der die Kamera vor der zügig vorangehenden Shearer herrollt, vor ihr zurückweicht, als sie die Geliebte ihres Mannes zum ersten Mal sieht; sie bleibt isoliert im Zentrum des Bildes, das aber, sich stets wandelnd, wirr ist und vollgestopft mit Aktivität. Deshalb sind Cukors Filme vielleicht visuell dynamischer als Guitrys; schon die ersten paar Minuten, bei der die Kamera einen Maniküre-Salon scannt, sind eine tour-de-force; wimmelnd von Aktivität in allen Ecken des Bildes.



Dem Film wird bisweilen vorgeworden, teilweise zu sehr in Zuckerguss-Melodramatik abzugleiten, besonders in den Szenen zwischen der Hauptfigur und ihrer Tochter, und sich hier dem Publikum anzubiedern. Diese stehen im Gegensatz zum extrem rasanten Tempo und dem Farce-Charakter im restlichen Film (die Charaktere werden eingangs durch ihnen ähnliche Tier-Vignetten vorgestellt, so etwas gibt es sonst nur in Eisensteins Streik!), der mitunter anarchistische Züge aufweist, wenn die übelste, unehrlichste und markanteste unter den Frauen (grossartig gespielt von Rosalind Russell) unter Kreischen Geschirr zerschmettert. Doch betrachtet man auch die melodramatischen Szenen aus dem Blickwinkel des Rollenspiels, kann man sich mit ihnen versöhnen; Shearer muss ihrer Rolle als fürsorgliche und weiche Mutter gerecht werden.




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Autor: Cameron

Mittwoch, 17. September 2014

»I'm a stranger here myself« - Klassiker der Extraklasse: Johnny Guitar - Wenn Frauen hassen (1954)




Gleich zu Beginn weckt Nicholas Ray den Zuschauer aus seinem Schlaf: Wach soll er werden und erleben, was nun folgt, deshalb sprengt er beinahe schon die Leinwand! Im Vordergrund ist die Landschaft, eine Explosion ist im Hintergrund zu sehen, nur das Warum und Wieso kennt man (noch) nicht, wird man erst später erfahren - der Weg wurde für eine bald kommende Eisenbahn freigesprengt. Neue Zeiten brechen an. Das gilt auch genauso für Nicholas Rays Film selbst. Er bricht mit den Mythen des Westerns. Der sorglose Cowboy (Sterling Hayden), der sich Johnny Guitar nennt, trägt statt einer Waffe eine Gitarre bei sich und scheint den Waffen abgeschworen zu haben. Er kommt in einen Saloon, der bei seiner Ankunft wie ausgestorben ist, bald darauf aber prall gefüllt sein wird, dessen Besitzerin Vienna (furios: Joan Crawford) ist. Eine Frau, die wie ein Mann ist und ihren Revolver dominant in der Hand hält. Ihr Gegenpart ist die Landbesitzerin Emma (Mercedes McCambridge), die Vienna als Bedrohung wahrnimmt, auch weil sie eifersüchtig auf sie ist (wegen eines Mannes und Bandenchefs namens Tanzender Ted). In ihr flammt der Zorn gegenüber Vienna hoch, sie ist blind vor Hass. Diese Frauen sind erbitterte Feindinnen. Frauen beherrschen diesen ungewöhnlichen Emanzipationswestern von Nicholas Ray. Crawford und McCambridge liefern sich temperamentvolle Wortgefechte und letztlich wird auch der Showdown zwischen ihren beiden Figuren ausgetragen.



Ray bedient sich bei diesem Western wieder einmal den großen Gesten. Sein Film ist opulent und geradezu opernhaft inszeniert. Ray beschwört die lodernden Emotionen seiner Figuren herauf. Im Zentrum von Rays Film steht aber auch die Liebe, jene, die sich wieder zwischen Johnny und Vienna - nachdem sie sich vor 5 Jahren trennten - entfaltet. Es ist eine breite Palette an Gefühlen, die Ray liefert wie Schmerz, Wut und Hass, aber auch Glück. Er wirft die lebhaften und aufgewühlten Gefühle und Sehnsüchte seiner Figuren auf die Leinwand. Er berichtet über die Einsamkeit seiner Figuren. Es ist diese besondere Verletzlichkeit, die Rays Charaktere auszeichnet. Eine schattige Vergangenheit liegt hinter ihnen. Sie tragen ein Geheimnis mit sich. Johnny ist als Beispiel ein ehemaliger Revolverheld, der seinen alten Namen abgelegt hat. Er konnte Vienna nie vergessen und hofft, dass sie seine Gefühle für ihn immer noch erwidert. Vienna ist eine Frau, die sich etwas erbaut hat und auch bereit ist dafür zu kämpfen. Ihr Saloon ist ihr Heim. »Johnny Guitar« ist eigentlich auch einer dieser Ray-Filme, welcher von der Suche nach einem Heim berichtet, von der Suche nach Ruhe, Harmonie und dem gemeinsamen Glück. Es ist durchaus auch ein Film über das Bleiben und Gehen. Nicholas Rays Werk ist also ein kraftvoll erzähltes, überschwängliches und grelles Melodram, welches in der Verpackung eines Western steckt, und geballte Leidenschaft auf der Leinwand in all seiner Deutlichkeit zeigt.


8.0 / 10

Autor: Hoffman 


Dienstag, 12. November 2013

Das Showbiz lässt grüßen - Klassiker der Extraklasse: Was geschah wirklich mit Baby Jane? (1962)




Erfolg und Misserfolg im Showgeschäft, ein Blick hinter die Fassade, illustriert von Robert Aldrich in Form von zwei Schwestern, zwei Rivalinnen, Jane, einem ehemaligen und stolzen Kinderstar und Blanche, die später erfolgreich sein würde, während die Andere (bei den Produzenten) scheitern würde. Mitunter minutiös führt Aldrich in seiner Exposition die Vorgeschichte aus, hin zur Ausgangssituation. Schon dort legt er gefährliche Spitzen, ein Unfall, nur geschildert in Fragmenten und Bilddetails, was scheinbar klar ist, zumindest so wie es Aldrich vermittelt, wird mysteriös, bevor er kurz darauf die gealterten Diven aufeinanderprallen lässt, die beide die Schattenseite des Geschäftes repräsentieren: Joan Crawford (= Blanche) ist die vermeintliche Hilflose, an den Rollstuhl gefesselt und damit abhängig von ihrer Schwester. Sie schwelgt in ihren alten Filmen, erinnert sich gern an das Vergangene und gibt sich gönnerhaft gegenüber ihrer Schwester, so wirkt sie sanftmütig und scheint dem Zuschauer näher. Auf der anderen Seite findet man Bette Davis (= Jane): Verbittert, verwelkt und abweisend, sie ist boshaft und giftig geworden, hasserfüllt missgönnt sie ihrer Schwester den Erfolg, der ihr durch ihre Filme geblieben ist. Die Leute erinnern sich nur an Blanche, sie ist vergessen, nichts ist ihr geblieben, dem Alkohol ist sie verfallen. Die Parteinahme, welche zunächst dem Zuschauer eine Identifikationsfigur anbieten soll, nutzt Aldrich um später Lebenslügen aufzudecken, Schuld und Unschuld neuzudefinieren und damit eine (unerwartete) Kehrtwendung herbeizurufen. Das ist dennoch nicht sein einziger Trick. Aldrich demaskiert die alten Ikonen und Stars als krankhafte Seelen. Unheimlich (grotesk) und dabei grandios, gar gruselig, ist Bette Davis, die irgendwo zwischen Wahn, Zorn, Hass und Eifersucht zu schweben scheint, ihrer Rolle aber auch, trotz der erheblichen Gemeinsamkeit mit einer finsteren Clownspuppe, ein irgendwie tragisches und bedauernswertes Antlitz verleiht. Mag sie auch immer mehr ihre Schwester von der Außenwelt abschneiden, ihr das Telefon nehmen, sie isolieren, sie zur Gefangenen in ihrer eigenen Villa machen und sie quälen. Die ironische Musik setzt das Ganze dann zwischen schimmernden Frieden und Bedrohung. Aldrich zielt augenscheinlich auf Effekte ab, spielt aber vergnüglich mit dieser Abgedroschenheit und verpackt diesen Terror burlesk und überzogen. Und die expressiven Bilder leisten ihr übriges um diesen verschroben-makaberen und grotesken Albtraum entfalten zu lassen.


7.5 / 10

Autor: Hoffman