Sonntag, 8. April 2012

Das ist aber schwul! - Kritik: "Brokeback Mountain"

Das ist schwul, das ist exorbitant gesellschaftskritisch, das ist ein Maß für die sexuelle Akzeptanz und klar ist, dass wir das gut finden müssen, weil das war damals und ist leider auch noch heute für beschränkte Typen verkannt. Nur sage ich mir: Na und? Ist ein Film deswegen gut, weil er irgendwas ungemein Wichtiges aufgreift, was bedauernswerterweise in ignorant-bornierte Köpfe nicht rein will? Nein, ist er nicht. Auch ein prämiertes Meisterwerk über bekennende Liebe zum Gleichgeschlechtlichen kann überflüssiger, heuchlerischer Schrott sein. Und so ist es auch. Dieser Film ist eine lächerliche Farce zweier in dem Film überbewerteter Schauspieler, die sich anschmachten und angrunzen, als ob es kein Morgen gäbe. Sie reiten. Sie essen. Sie vögeln. Und irgendwie wirkt alles gekünstelt - jedenfalls auf mich. Mal davon abgesehen, dass das alles eine langwierige Klatschtütenfahrt ist.

Denken wir doch mal an eine Alternative: Würde sich auch nur ein Schwein für diesen Film ins Feuer legen, würde er eine zum Scheitern verurteilte Bergromanze zwischen Mann und Frau zeigen? Wäre er für nur einen Oscar nominiert gewesen, stände nicht Mann und Mann, sondern Mann und Frau im Mittelpunkt? Die Antwort ist simpel: Nein. Warum auch? Was macht diesen Film anders, außer der Tatsache, dass da zwei Schwule am Lagerfeuer sitzen, sich über die Bohnen beschweren und in der Nacht Geschlechtsverkehr haben? Genau, nichts. „Brokeback Mountain“ ist vielleicht ein bekennender Standpunkt dafür, dass man kein Unmensch ist, liebt man jemanden, der des gleichen Geschlechts ist, hat aber ansonsten überhaupt gar nichts zu bieten, was denn nicht in gefühlten 500 anderen Einheitsschmonzetten bereits gezeigt wurde. Und die Frage, ob ich jetzt lieber zwei Homosexuelle oder zwei Heterosexuelle beim Anschmachten zuschaue, stellt sich für mich nicht, denn reden doch alle von der Gleichberechtigung. Und die räume ich diesen Filmen auch ein. Folglich habe ich sie auch „Brokeback Mountain“ eingeräumt, auf den ich mich lange Zeit wirklich freute, weil die hier zu sehende Liebesgeschichte doch in ihrer Stilrichtung, immerhin gab es zahlreiche Preise und Publikumsehrungen, anders sein müsse, dachte ich jedenfalls. Womit ich nicht rechnete, war der überschwängliche Klischeepegel mit dem mich diese selbstverliebte Exempel überschwamm – mal ausgenommen, dass die Protagonisten, das muss man ja betonen, sonst wird man gleich wieder als ignorantes Schwulenhasserschwein hingestellt, schwul sind. 

Ich habe nichts gegen diese magischen Blicke, die gleich anfänglich zwischen Ennis (Heath Ledger) und Jack (Jake Gyllenhaal) fallen. Nein, warum auch? Die sind menschlich. Aber ich habe etwas dagegen, wenn mich die filmische Inszenierung mit einer melancholisch-gestellten Stille zum gefühlsmäßigen Ausbruch zwingen möchte. Die Anforderungen des „Heul doch bitte mal!“ oder „Guck mal, die dürfen sich nicht lieben“ sind derart übertrieben, dass mir das alles eigentlich scheiß egal war. Mir war gleich, was mit den beiden passierte, wie sie lebten und welche Last ihn allzeit auflag. Das liegt nicht daran, dass ich homosexuellenfeindlich bin, sondern eine bitterböse Allergie gegen falsch angewandten Schmalz habe. Das ist alles. Und wenn dieser Schmalz auch noch langweilig, aber ungemein selbstgefällig präsentiert wird, dann ist nicht mehr viel zu holen – im Grunde gar nichts. Homosexuelle Liebessülze ist nun einmal nicht mehr als heterosexuelle. Aber sicher hat man dahingehend die Botschaft dieses Films nicht verstanden, die tiefgründige Verwobenheit der Erzählung. Ganz gewiss, das wird’s sein. Denn dieser Film ist kein normaler Liebesfilm, es ist ein schwuler Liebesfilm. Und Schwule berühren mehr. Wer möchte daran zweifeln? Die haben nun einmal die qualitativ besseren Filmromanzen in petto. Die kann man in die gesonderte Glasvitrine stellen. Weil die sind anders, nicht so wie die heterosexuellen, eben anders, gesondert… Oder wie jetzt?
 

Aber „Brokeback Mountain“ ist ja eine ‚universelle‘ Liebesgeschichte. Es geht hier nicht  um zwei Schwule (natürlich nicht, wo denkt man hin), die sind eben nur mal so da, sondern um die verlorene Liebe und  um das verschenkte Leben. Definitiv, das hört sich alles, und da muss ich meine uneingeschränkte Zustimmung aussprechen, ungemein poetisch an, ist doch aber nichts, was man nicht schon gesehen hätte. Was bliebe denn von „Brokeback Mountain“ übrig, würde man die Außergewöhnlichkeit der Liebesbeziehung zweier schwuler Cowboys streichen? Na?! Gar nichts, außer freilich der Klischees. Der Film würde nicht mehr bieten als Schnulze XY vom Discounter-Ramschtisch.
So kann man sich immerhin noch etwas an der mutigen Grundthematik beglücken und sich an derer Kontroversität zwei volle Stunden aufgeilen. 


2 / 10 
Autor: Iso

5 Kommentare:

  1. Hab ihn noch nicht gesehen, aber sehr konsequent geschrieben. Hatte mich eigentlich auf den Film gefreut, zumindest Prieto an der Kamera müsste doch ziemlich beeindruckend gewesen sein, oder?

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  2. Stimmt, der hat doch dafür ne Oscar-Nominierung bekommen. Hmpf. Wohl n Beweis dafür, dass die Welt einfach scheiße ist und die Großpreis-Jurys volltrunken sind. Noch heute. Aber das nennt man wohl Traditionspflicht.

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  3. Soll's auch geben, kann dir (zum ersten Mal?) in keiner einzigen Zeile zustimmen. :D Vor allem deshalb, weil für mich BM weit über einen "schwulen Liebesfilm" hinausgeht und die tieferen, ungemein existenziellen Ebenen eigentlich so offensichtlich sind, dass sie dir aufgefallen sein müssten. Aber ich kenne das, einen Film nicht zu mögen, den alle mögen.^^

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  4. Pfff, für mich bleibts ne unbefriedigende Gay-Party. Vielleicht bin ich aber auch ein antisemitischer Rassist. Ich lass das dann wohl mal lieber mitm Harvey...
    Dank Deiner positiven Einstellung zu 'Titanic' kann ich Dir letztlich aber noch einmal verzeihen, wenn Dich Gyllenhalls Penis verführt hat. Und ich denke und danke natürlich auch an und für einige großartige Filmzerrisse, die ich uneingeschränkt unterschreibe.

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  5. Also...ich mag den Film. Ja...er ist kitschig, teilweise überzeichnet, aber sehr real. Die Beziehung der Männer, die sich lieben und doch nie zueinander finden, ist durchaus, immer noch Teil der Realität. 2 Männer die Frauen heiraten, weil es so gewollt wird, und sich dadurch zerstören, sich und andere. Klar liegt auch einiges an Poesie, Melacholie in der Luft, dennoch muss man schon darauf achten, wann und wo dieser Film spielt. So konsequent versucht wird diese Geschichte zu erzählen, so inkonsequent ist die Bildersprache. Hier wird angedeutet, da wird geschwiegen, doch gerade die Szenen, wo die Herren alleine sind, hätten durchaus MEHR zeigen können. So, bleibt immer noch, der "Hauch der Sünde" kleben, und die Liebe wird zum Ideal stilisiert, ohne darauf einzugehenm, dass die sexuelle Ausrichtung, doch die wesentliche Rolle spielt. Hätte man diese Geschichte mit 1 Mann und 1 Frau erzählt, hätte man mehr gezeigt, gerade die Szenen wo mit den Frauen geschlafen wird, sind deutlicher als alles andere, und hier kastriert sich, mit diesem Wiederspruch, der erzähler selbst und legt quasi eigehändig einen fetten schwarzen Balken über die "Homos". Wie gesagt, die Geschichte ist immer noch sehr real, doch fand ich "Der Priester", ein irischer Film , damals viel stärker und konsequenter. Wo "Brokeback Mountain" sich selbst zensiert, zeigte "Der Priester" alles, wie es ist, ohne nach Akzeptanz zu hächeln. Der Film machte klar: Hey Leute, auch das gehört dazu. Ob es gefällt oder nicht. Traurig war er dennoch und vor allem das Ende war beeindrückend traurig, weil ehrlich. Leider schafft BBM den spagat nicht, denn er möchte ein immer noch kritisches Thema zu idealisiert darstellen.

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