Mittwoch, 8. April 2015

Die Rückkehr in das Heimatdorf - Klassiker der Extraklasse: Die Enttäuschten (1958)



Claude Chabrols erster, vom Neorealismus geprägter, Spielfilm, welchen er durch eine Erbschaft finanzierte, handelt von der Rückkehr eines Studenten in sein altes Heimatdorf. Es erwarten ihn alte Bekannte, er trifft Freunde und er sieht die desillusionierten Gesichter. Die Veränderung hielt seit seiner Abreise Einzug, an alte Zeiten erinnert man sich nur noch und Chabrol, der möchte hinter die Fassade dieser Menschen blicken und das mit Bedacht. Schon hier arbeitet Chabrol mit einer Konfrontation von Bürgertum und Arbeiterklasse, die durch seine beiden Hauptfiguren (gespielt von Jean-Claude Brialy und Gérard Blain) symbolisiert werden. Ein netter Gag sind hier übrigens die Gastauftritte von de Broca (als Rivette!) und Chabrol (als La Truffe) selbst. Brialy ist der Beobachter dieser Situation, wie Chabrol und seine Zuschauer. Er versucht zu helfen, will gute Taten vollbringen, doch erst vermutet und spekuliert er nur, später wird er erkennen. Er ist aber auch ein Fremder seiner Heimat geworden, weshalb ihn Blains Charakter oftmals auch als Fremdkörper wahrnimmt. Freundschaft und Feindschaft stehen im stetigen Wechsel.



Das Dorf hat sich nicht verändert, nur die Menschen, heißt es im Film selbst. Der Freund Serge ist eine Ruine, einst ein famoser Kerl. Wie konnte sein Freund so werden? Was ihm blieb, ist sein Alkohol und sein Beruf als Lastwagenfahrer. Was ihn zeichnet, sind ein verlorenes Kind und die Enttäuschungen seiner Ambitionen und Hoffnungen. So ist es auch die innere Wut, Verzweiflung und die Unzufriedenheit über die eigene soziale Lage, die sich in seiner ablehnenden Haltung niederschlagen hat. Diese Menschen haben den Glauben an sich sich selbst verloren. Chabrol bebildert die triste Alltäglichkeit mit einem großen Auge für das Authentische, schließlich drehte auch er (wie seine Vorgänger und Nachfolger) an Originalschauplätzen und das merkt man, denn diese Einfachheit mit der Chabrol ans Werk geht und nebenbei seine Charaktere fein mit der Linse studiert, macht diese Form des Realismus greifbar. Auch wenn das (noch) nicht fehlerfrei sein mag, so ist er dramaturgisch doch noch etwas ungeschliffen, aber das lässt Chabrols Werk dahingehend auch sehr bodenständig wirken, was passend zur Schilderung der Geschichte erscheint. Er gibt sich doch gemächlich, wenn er in den einfachen Dingen dieses Lebens für kurze Zeit verharrt, wie beim Fußballspiel von Kindern, oder mit einer Plansequenzen, mit der er mit seinem Protagonist über den Dorfplatz schreitet. Zuletzt lässt er aber noch einen Funken Hoffnung durch den Glauben aufblitzen, wenn dieses Lachen am Schluss denn ein befreiendes ist.


7.5 / 10


Autor: Hoffman 

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