»They're all gonna laugh at you!« - Vorneweg und wahrscheinlich auch ohne weitere Ausschweifungen könnte ich hiermit zu allerst den Gedanken erneut prägen und manifestieren, dass sichtlich Brian De Palmas »Carrie« aus dem Jahre 1976 wohl nicht umsonst zu den gelungensten Stephen King Verfilmungen zählt. Nicht nur weil sie mitunter, bis auf kleine Abweichungen, die aber plausibel in Hinsicht der Umsetzung eines Films sein mögen, genauso zu den werkgetreusten Umsetzungen eines King-Romanes zählt - von denen das ausnahmsweise nicht nur King selbst meinte. Natürlich klassifiziert das »Carrie« in aller erster Linie natürlich zu einem anerkannten Kultfilm des Horror, welcher heute trotzdem besonders bei jungen Gemütern immer öfters »uninteressant« abgestempelt, was sich vielerlei wie auch bei weiteren Horrorfilmen, nicht nur dem zeitlichen Kontext geschuldet sein muss, sondern der Erwartungshaltung an einen solchen bedeutenden Film. Teils durchaus verständlich, allein wegen dem gänzlich reißerisch und stümperhaft definierten deutschen Verleihtitel »Des Satans jüngste Tochter« falsche Anforderungen knüpft. Auch wenn man eigener Tonfall, dabei auch zu liebst einen elitären Ton annimmt und diese zu entlarven. Ich - die Ignoranz in Person.
So lässt sich De Palmas Film doch eher als faszinierende Charakterstudie sehen oder gar als vollständiger »Coming of Age« - zumindest auch eine beliebte Idee im Horrorgenre, in dem sich die Protagonstin, den Ängsten und Problemen ihres Alters stellen muss. Der Suche nach der eigenen Identität. Dies verdeutlicht De Palma selbstredend anfänglich mit einer beachtlichen Referenz zu Hitchcock und einer Duschsequenz, welche De Palma in Zeitlupen-Aufnahme intensiv filmen lässt. Was danach folgt ist der schmerzliche Horror des Alltags - von Klassenkameraden verlacht, gedemütigt und gemieden durch das Unwissen zu ihrem eigenen Körper.
Gepeinigt von der eigenen Mutter, die ihrem fanatischen Glauben in jeder Tat des Heranwachsens einen neuen Akt des Teufels sieht. Beherrscht von ihrer Kontrollsucht über Carrie und von ihrem religiösen Wahn getrieben, das Mädchen zu erlösen. - Nebenher in dieser Rolle förmlich zum Erstarren und für mich stets mit kalten Schauer bei ihrem Antlitz: Piper Laurie. - Das quälende Leben der Carrie White. Bedrückend geschildert von De Palma, dass unweigerlich dazu führt, dass man mit dem Charakter systematisch sympathisiert durch den Umgang von ihrem Umfeld. Carrie (unscheinbar-perfekt: Sissy Spacek) scheint in dieser Verfassung so zerbrechlich und schüchtern, dass es für mich immer tragisch ist ihren ersteren Werdegang zu beobachten - das bewegt mich immer zutiefst - De Palma richtet seinen Fokus unentwegt auf Carrie, ihr Umfeld wird zu meist zu als bekannte Klischees gezeichnet, wenn auch eininge mitunter etwas zu unförmig bleiben, um dies wirklich deutlich aufzuzeigen.
Aber De Palma gelang dies für mich mit kleinen Abwägungen. Hintergründig analysiert De Palma wiederum auch wieder mit psychologischen Tiefen den Charakter der Carrie. Sehr präzise mit gediegenen Tempo zur Entwicklung seiner Charaktere wie auch der Story. Denn auf die tiefe Repression folgt doch das Glück, dank der engagierten und freundlichen Sportlehrerin und scheint endlich die Akzeptanz Einzug zu gewinnen. Einfühlsam beleuchtet. De Palma nimmt die Zeit, auch wenn die eingebrachten kurz zwischendrin eintretenden humoristischen Mittel vielleicht doch eher unpassend erscheinen mögen. Die ruhige Kamera unterstützt De Palma.Während der wiederum bei der ausführlichen Regie bei Laune hält mit Hitchcock Versatzstücken und Zitaten.
Bei De Palma ist es im Grunde ein schleichender Horror, der sich immer weiter nährt und auf ein bestimmtes Ziel konsequent zu steuert.Eigentlich ist es interessant, dass De Palmas Erzählstil wohl am ehesten dem des Meisters bei »Psycho« gleicht, woraus De Palma auch kein Geheimnis macht. Überall lassen sich in De Palmas Filme faszinierende Anspielungen darauf finden, sodass »Carrie« - ganz ohne die Vorlage Kings - auch als Hitchcock und dessen Werk »Psycho« Hommage gedeutet werden darf. Ohne Hitch geht es nun mal nicht beim Brian. Besonders kenntlich wird dies auch durch De Palmas Stammkomponisten und dessen Musikeinsatz und die Motive im Stile eines Bernard Herrmanns unverkennbar als Spannungsaufbau - beileibe das hält bei Laune und faszinierend, auch nochmal im besonderen wenn das Motiv der Streicher Eintritt gewinnt. Natürlich muss »Carrie« insofern auch neben diesen mir schmackhaften Attributen auch im zeitlichen Kontext beobachtet werden.
Hierbei dient wohl die Entdeckung von Carries Kräften als sexuelle Metaphern. Der Ausbruch eben dieser Kräfte dann schließlich symbolisch als Anbeginn der sexuellen Revolution, der Zeitkontext unübersehbar mit Carrie behaftet. Und somit der Ausbruch gleichzusetzten als eine meiner favorisierten Motive der »Explosion des Schweigens«. Das Finale als tobendes Inferno und vielleicht auch eine Metaphern für das Niederschlagen des Aufstandes - wobei dadurch eine Entwicklung des puren Grauens entfesselt wird - sogar mit grandiosen Splitscreen-Sequenzen - und roher Gewalt. Diese technische Raffinese raubte mir schon immer den Atem. Verstörend wie auch eindringlich abgezeichnet - wenn auch mit Abweichungen. In der Umsetzung jedoch plausibel - wie gesagt. Zuletzt noch eine letzte Verbeugung vor Hitchcock und so meint doch De Palma: »I don´wanna go on with you like that«. Was bleibt ist die Angst vor der Rückkehr. Das Trauma für immer gefestigt. Der wahre Albtraum beginnt erst jetzt.
7.5 / 10
Autor: Hoffman
Schönes Review. Carrie ist einer der wenigen, gelungenen Stephen King Verfilmungen.
AntwortenLöschenKennst du noch andere empfehlenswerte Verfilmungen neben:
Die Verurteilten
Carrie
Dolores
Misery
Green Mile
Dead Zone (Jener mit Christopher Walken)
Stand By Me
Das geheime Fenster (Wurde zu unrecht zerrissen)
Zimmer 1408
Sturm des Jahrhunderts
Dankesehr. :)
AntwortenLöschenSehr schöne Liste, kann ich so unterschreiben. Finde auch den Großteil davon gelungen. Als Empfehlung- Ich wäre jetzt verlockt Kubricks »Shining« zu sagen, wenngleich sie sich stark von der Vorlage distanziert.
Welche mir noch gefallen sind auch:
Creepshow, eine Zusammenarbeit von King und Romero. Ein Episoden-Horrorfilm.. Fand den immer sehr unterhaltsam, u.a. mit Ed Harris, Leslie Nielsen besetzt.
Carpenters Christine, habe ich erst neulich gesehen und war sehr positiv überraschend über die gekonnte Umsetzung von Kings Romans und die Metaphorik von Carpenters Film.
Dann noch Katzenauge, vielleicht noch Romeros »Stark«, dem wollte ich immer nochmal eine Zweitsichtung spendieren. Oder Darabonts »Der Nebel«, da dir Green Mile und die Verurteilten gefiel und auch Zimmer 1408 wäre der durchaus einen Bick wert.
Dann gibts noch Cujo, ganz passabler Öko-Horror. Und »Der Musterschüler« soll wie ich gelesen habe auch nicht schlecht sein, kenne ihn aber icht, Ian McKellen ist aber immer einen Blick wert.
Ach und bevor ich es vergesse: »In einer kleinen Stadt« mit Sydow und Harris.