Donnerstag, 2. August 2012

Ein australisches Debüt: 2:37


Eine Scheibe landet im Player, gewöhnliche Prozedur an einem ausklingendem Tag; nichts außerordentliches auf dem Plan; da passiert es; bestürzende, komplett überrumpelnde Zelluloiderfahrung.
Genre: Seelenstriptease FSK 45. Inkludiere ich ohne Umschweife in die Primusliste der Feelbadmovies. Die phänomenal fotografierte Sezierung von Niedertracht, politischer Korrektheitsheuchelei und Demütigung auf dem Schulhof, eingenistet in von Egoismus verkrüppelten Seelen: Ungemütlicher und beispiellos konsequenter Tobak.

Genial ist die Positionierung von vordergründigen Imagetypen, die im Verlaufe differenziert und widerlegt werden, großes Lob an die Jungschauspieler, dass die Dekonstruktion der klischeebehafteten Charaktere reibungslos über die Bühne geht. Eine absolut aus dem Leben gegriffene Konstellation an verwirrten, verunsicherten Adoleszenten. Sympathie, Mitleid, Identifikation haben bis dahin schon mehrmals ihre Besitzer gewechselt.
Die kunstvolle Erzählweise (Vorwegenahme der Katastrophe mit anonymen Opfer erweist sich als grandioser Schachzug) fühlt sich sehr homogen an und sorgt beim Übergang zwischen den Teenagern für spannungsfördernde Aha-Momente. Es mag der subjektiven Meinung unterliegen, ob das Hervorzerren aller persönlichen Geheimnisse ab einem gewissen Grad nur noch dem niederschmetterndem Selbstzweck dient. Man könnte vorsichtig von singulärer Over-The-Top Problemanhäufung sprechen.


Völlig egal. Weil die bittere Auflösung einer schallenden Ohrfeige gleich das Bewusstsein anwirft, wie manipulierbar wir sind. Die schablonenhafte Denkweise des Zuschauers wird gnadenlos bloßgestellt, dass man sich der eigenen Vorurteile wegen übergeben, der eigenen Blindheit wegen im Erdboden versinken könnte.
DU dachtest, du wüsstest, wer am Ende gebrochen ist? Wirklich? DU hast doch selbst nicht die leiseste Ahnung gehabt. DU bist doch vom Ausgang genauso überrascht worden wie alle anderen. Und die wirklich ehrliche (Selbst)Reflektion postmortem stammt nicht von denen, die laut Statisk so intelligent sind, nein. Du wurdest auf frischer Tat ertappt, wie du dich auf Stereotypen, auf oberflächlichen Scheinfakten gestützt hast. Isolation kann destruktiver wirken als Mobbing. Ist verdammt lange her, dass ich Tränen in den Augen hatte.


9 / 10

Autor: seven

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen