Hinweis: Hier spoilert es gewaltig, da es bei dem Film unvermeidbar ist, und das Ende eigentlich jeder, der sich mit Filmen beschäftigt, schon kennt.
1914. Das 20. Jahrhundert und die Industrialisierung haben
längst Einzug in den Wilden Westen erhalten. Vorbei sind die Zeiten, in denen
es noch so was wie „Gut und Böse“ oder „Recht und Ordnung“ gab, der einstmals
edle Westen ist zu einem unmoralischen Ort geworden, an dem es keine Helden
mehr gibt.
Vor dem Hintergrund all dessen schickt Sam Peckinpah seine Outlaws auf Beutezug durch den Süden der USA und Mexiko. Das mag jetzt nicht
der originellste Plot für einen Western sein, doch bereits die Eröffnungsszene
macht klar, dass „The Wild Bunch“ alles andere als ein normaler Western ist:
Kinder verbrennen Skorpion und Insekten als wäre es ein Spiel im Sandkasten,
und der Überfall, den das Bunch in dem entlegenen Ort durchführen will, endet
in einem dreckigen Massaker, in dem auch mal Frauen und Kinder als menschliches
Schutzschild herhalten müssen. Peckinpahs Film schießt einfach in jeder
Hinsicht über das Ziel hinaus, sodass die Schießereien, auch wenn sie gemessen
an heutigen Möglichkeiten recht softcore wirken, noch immer schocken. Jedoch
wäre es ein Fehler, „The Wild Bunch“ nur auf seinen Blutzoll zu reduzieren,
denn dieser Film lebt von so viel mehr:
Die Hauptfiguren sind zwar unmoralische Arschlöcher, was sie
auf der einen Seite ziemlich unsympathisch macht, doch Peckinpah betreibt keine
Schwarz-Weiß-Malerei, immer wieder, wenn im Film mal so was wie Ruhe herrscht,
lässt er durchsickern, dass seine „Helden“ trotz all dem, was sie tun, naive
Romantiker geblieben sind, die im Leben als Outlaw und in der Gruppe ihre
Erfüllung finden, und ignorieren, dass dieser Lebensstil in einer Welt, die
mehr und mehr industrialisiert und gewalttätiger wird, schlicht nicht mehr möglich
ist. Sie wissen, dass sie untergehen werden, doch sie machen weiter, nehmen
dabei aber zivile Opfer ohne mit der Wimper zu zucken in Kauf.
Jedoch ist das Bunch mit dieser Lebenseinstellung nicht
alleine. In der Welt von „The Wild Bunch“ ist niemandem auch nur irgendwas
heilig: egal ob Frau, Mann, jung oder alt; hier hat jeder Dreck am Stecken.
Peckinpah hat einer gewalttätigen und unmoralischen Gesellschaft einfach nur auf schonungslose
Weise den Spiegel vorgehalten, was den Film meiner Meinung nach vom Vorwurf der
selbstzweckhaften Gewaltdarstellung freispricht.
Inszenatorisch ist der Film auch über alle Zweifel erhaben:
Peckinpah setzt mit seinen Zeitlupen und schnellen Schnitten Maßstäbe für
Regisseure wie John Woo, schafft es aber dennoch meisterhaft seine Geschichte
zu erzählen und sie zu einer Parabel über Kameradschaft, Gewalt und dem Verlust
moralischer Werte zu spinnen. Jerry Fieldings dreckiger Score wirkt wie ein
Peitschenhieb, der das Geschehen weiter vorantreibt. Und je länger der Film
dauert, desto mehr moralische Tabus fallen, und die Brutalität der
industrialisierten Welt wird immer deutlicher: das kürzlich erfundene und noch
immer nicht fehlerfreie Auto wird schon als Folterinstrument zweckentfremdet;
Mütter, die nicht anders können, als sich zu prostituieren, werden vom Bunch
nur als Sexobjekt gesehen und nicht bezahlt, nach dem sie mit den stinkenden
und ungewaschenen Outlaws schlafen mussten; Verlogenheit und Verrat auf allen
Seiten und schließlich gipfelt der Film in einer der bekanntesten Schießereien
der Filmgeschichte, die mehr einem Massaker gleicht.
10/10
Autor: MacReady
10 Punkte auch von mir. Und gleich dahinter "Soldier Blue und Ulzana´s Raid". Habe eben selbst über eine neue Western-Serie berichtet, die bis jetzt noch nicht so richtig zündet. Deshalb sprecht ihr mir mit The Wild Bunch aus der Seele.
AntwortenLöschenGrüße Klaus
Gern geschehen. Unter 10 Punkten geht hier auch nix.
LöschenGrüße zurück. ;)