Posts mit dem Label Oates werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Oates werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Mittwoch, 29. Januar 2014

Warren Oates' blutige Schnitzeljagd durch Mexiko - Klassiker der Extraklasse: Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia (1974)


Es ist sehr einfach, diesen Film abzulehnen. Für die einen mag er - trotz des reißerischen Titels - zu langatmig und zu unspektakulär sein, da heutzutage solche Stories, in denen irgendein schrulliger Loser, in diesem Fall Schauspiel-Gott Warren Oates, mit der Aussicht auf schnelles Geld einen unmoralischen Job annimmt, in gewohnt cooler, stylischer, sich ja nie aus der Deckung der Ironie, die alles rechtfertigt und negiert, was sauer aufstoßen könnte, wagender Tarantino-Rodriguez-Manier verarbeitet werden. Doch Peckinpah schlägt einen gänzlich anderen Weg ein, da er das Gezeigte völlig ernst nimmt. So makaber und einfach der Job, den Kopf des früheren Liebhabers der eigenen Freundin, der ohnehin kürzlich verstorben ist, aufzutreiben, klingen mag, so schnell gerät Barpianist Bennie in einen Strudel der Gewalt, die sich als immer wiederkehrende Hydra erweist, denn je mehr er nach einer Rechtfertigung für all die Gewalttaten, die während dieser "Suche" geschehen, desto schlimmer wird es für ihn. Nachdem unterwegs seine Freundin, das letzte Etwas, das ihm etwas bedeutete, getötet wird, bedeutet ihm auch das Geld, das ihm winkt, wenn er ohne zu fragen den Kopf abliefert, nichts mehr. Gemeinsam mit dem abgetrennten Kopf begibt er sich auf die Suche nach einem "Warum?", da ihm durch den Verlust seiner Freundin die Sinnlosigkeit dieses Auftrags schlagartig bewusst wird, denn von nun an hat er nur noch sich selbst und den Kopf - niemanden mehr, mit dem er nach dem Job ein besseres Leben führen könnte. Und hier kommt der Punkt, warum dieser Film wohl auf ewig nur den Außenseiterstatus eines "bizarren Meisterwerks" haben wird und niemals ein Film für die breite Masse sein wird. Bei Peckinpah schlafen Mord, Romantik, Gier, Sehnsucht, Elend, Armut, Reichtum, die Schönheit der mexikanischen Natur, der dreckige Staub der Straße und die titelgebende Leichenfledderei im selben Bett. Heraus kommt ein dreckiger Hurensohn von Film, in dem nur noch nach dem Wert eines Objektes, wozu Peckinpah auch Menschen und ihre Köpfe zählt, gefragt wird. Mittendrin ein Kopfgeldjäger wider Willen samt Kopf des Ex-Liebhabers der toten Freundin, für den er mit fortschreitender Laufzeit sogar so etwas wie ehrliche freundschaftliche Gefühle entwickelt, der sich nicht mehr um den Wert der Dinge schert. Dass die Suche nach einem Grund für all das Leid sein Ende bedeutet, ist ihm klar, doch auch sein Leben hat für ihn mittlerweile keinen Wert mehr, weshalb er vor nichts mehr zurückschreckt. Schlussendlich sind nach mehreren Schießereien - wie könnte es bei Peckinpah auch anders enden? - alle tot, die mit dem Job irgendwas zu tun hatten. Aus der Kopfgeldjagd wurde eine verzweifelte Suche nach Sinn und Moral in einer verkommenen Welt.

8.0 / 10


Autor: MacReady

Dienstag, 26. Februar 2013

This is the End (of the Wild West) - Klassiker der Extraklasse: The Wild Bunch - Sie kannten kein Gesetz (1969)


Hinweis: Hier spoilert es gewaltig, da es bei dem Film unvermeidbar ist, und das Ende eigentlich jeder, der sich mit Filmen beschäftigt, schon kennt.


1914. Das 20. Jahrhundert und die Industrialisierung haben längst Einzug in den Wilden Westen erhalten. Vorbei sind die Zeiten, in denen es noch so was wie „Gut und Böse“ oder „Recht und Ordnung“ gab, der einstmals edle Westen ist zu einem unmoralischen Ort geworden, an dem es keine Helden mehr gibt.
Vor dem Hintergrund all dessen schickt Sam Peckinpah seine Outlaws auf Beutezug durch den Süden der USA und Mexiko. Das mag jetzt nicht der originellste Plot für einen Western sein, doch bereits die Eröffnungsszene macht klar, dass „The Wild Bunch“ alles andere als ein normaler Western ist: Kinder verbrennen Skorpion und Insekten als wäre es ein Spiel im Sandkasten, und der Überfall, den das Bunch in dem entlegenen Ort durchführen will, endet in einem dreckigen Massaker, in dem auch mal Frauen und Kinder als menschliches Schutzschild herhalten müssen. Peckinpahs Film schießt einfach in jeder Hinsicht über das Ziel hinaus, sodass die Schießereien, auch wenn sie gemessen an heutigen Möglichkeiten recht softcore wirken, noch immer schocken. Jedoch wäre es ein Fehler, „The Wild Bunch“ nur auf seinen Blutzoll zu reduzieren, denn dieser Film lebt von so viel mehr:


Die Hauptfiguren sind zwar unmoralische Arschlöcher, was sie auf der einen Seite ziemlich unsympathisch macht, doch Peckinpah betreibt keine Schwarz-Weiß-Malerei, immer wieder, wenn im Film mal so was wie Ruhe herrscht, lässt er durchsickern, dass seine „Helden“ trotz all dem, was sie tun, naive Romantiker geblieben sind, die im Leben als Outlaw und in der Gruppe ihre Erfüllung finden, und ignorieren, dass dieser Lebensstil in einer Welt, die mehr und mehr industrialisiert und gewalttätiger wird, schlicht nicht mehr möglich ist. Sie wissen, dass sie untergehen werden, doch sie machen weiter, nehmen dabei aber zivile Opfer ohne mit der Wimper zu zucken in Kauf.

Jedoch ist das Bunch mit dieser Lebenseinstellung nicht alleine. In der Welt von „The Wild Bunch“ ist niemandem auch nur irgendwas heilig: egal ob Frau, Mann, jung oder alt; hier hat jeder Dreck am Stecken. Peckinpah hat einer gewalttätigen und unmoralischen Gesellschaft einfach nur auf schonungslose Weise den Spiegel vorgehalten, was den Film meiner Meinung nach vom Vorwurf der selbstzweckhaften Gewaltdarstellung freispricht.


Inszenatorisch ist der Film auch über alle Zweifel erhaben: Peckinpah setzt mit seinen Zeitlupen und schnellen Schnitten Maßstäbe für Regisseure wie John Woo, schafft es aber dennoch meisterhaft seine Geschichte zu erzählen und sie zu einer Parabel über Kameradschaft, Gewalt und dem Verlust moralischer Werte zu spinnen. Jerry Fieldings dreckiger Score wirkt wie ein Peitschenhieb, der das Geschehen weiter vorantreibt. Und je länger der Film dauert, desto mehr moralische Tabus fallen, und die Brutalität der industrialisierten Welt wird immer deutlicher: das kürzlich erfundene und noch immer nicht fehlerfreie Auto wird schon als Folterinstrument zweckentfremdet; Mütter, die nicht anders können, als sich zu prostituieren, werden vom Bunch nur als Sexobjekt gesehen und nicht bezahlt, nach dem sie mit den stinkenden und ungewaschenen Outlaws schlafen mussten; Verlogenheit und Verrat auf allen Seiten und schließlich gipfelt der Film in einer der bekanntesten Schießereien der Filmgeschichte, die mehr einem Massaker gleicht.



Diese Schießerei ist in vielerlei Hinsicht interessant und verdeutlicht noch einmal, dass „The Wild Bunch“ ein dreckiger Abgesang auf das Western Genre ist. Peckinpah führt die Minigun in den Wilden Westen ein, womit der Showdown sowohl für das Bunch, als auch den korrupten mexikanischen General und seine Soldaten zum Massengrab wird. Keine der beiden Seiten kommt hier lebend raus, Peckinpah lupft den Wilden Westen in das Zeitalter von Grabenkriegen und Massenmord. Am Ende sind sowohl die Outlaws als auch die Mexikaner mausetod, und die Kopfgeldjäger sammeln die Leichen von Peckinpahs „Helden“ ein, um damit an Geld zu kommen. Jetzt ist klar, dass die Ideale und der Lebensstil des Wilden Westens in der modernen Welt ins Grab führt, am Ende nur die gewinnen, die sich wie Aasgeier auf das stürzen, was übrig bleibt und der einstmals edle Westen unter einem Berg voll Leichen begraben ist.


10/10

Autor: MacReady

Donnerstag, 24. Januar 2013

Freiheit durch Blut - Klassiker der Extraklasse: Badlands (1973)





"Hi, I'm Kit. I'm not keeping you from anything important am I?" - "No"

Ja, so kann es manchmal gehen. (Ein junger) Man(n) trifft ein Mädchen. Beide ziemliche Aussenseiter irgendwo im nirgendwo der amerikanischen Badlands. Sie verlieben sich. Hauen zusammen aus ihrem verschlafenen Heimatnest ab - natürlich nicht, ohne davor des Mädchens Vater zu töten - und ziehen auf ihrer Flucht eine ziemlich rote Blutspur durch die Badlands, bis die Flucht des Liebespaares durch die Hüter des Gesetztes (zum Glück?) ein Ende findet. Punkt. Aus. Ende. Abspann. "Danke für's zusehen!"

Ja, so könnte man Terrence Malicks Erstling recht präzise zusammenfassen. Man könnte auch noch die hervorragende Inszenierung des damaligen Regieneulings Malick loben sowie das Spiel der beiden Hauptdarsteller, Martin Sheen und Sissy Spacek. 

Ja, das könnte man so machen, man könnte "Badlands" einfach als schön anzusehendes, blutiges und irgendwie unromantisches Roadmovie zu den Akten legen.




Oder, man könnte sich auch fragen, was Herr Malick einem denn mit seinem hübsch anzusehenden Film sagen möchte. "Warum macht dieser Mensch so einen Film? Gab doch auch schon damals genügend bonnie-and-clydeeske Filme."

Ja, dann wäre man schon mal auf dem richtigen Weg, den Wert dieses Meisterwerks zu entdecken. Denn "Badlands" entpuppt sich bei genauerem und mehrfachen Hinsehen als weit mehr, als nur eine schön tragische Lovestory im Hinterland Amerikas. 

Nein, "Badlands" ist weitaus mehr. Malick hat hier ein faszinierendes Werk abgeliefert, das - wie oben mehrfach erwähnt- eigentlich auf einer ziemlich simplen, ja fast schon verbrauchten, Idee aufbaut, aber dennoch eine höchst interessante (Charakter-)Studie ist, und zurecht Kult wurde. Oft kopiert, aber (wahrscheinlich) noch immer unerreicht. (Anmerkung: "True Romance" nie gesehen.)

Malick zeigt zwei Protagonisten, mit denen sich der Zuschauer nicht identifizieren soll. Eine rührende Lovestory sucht man hier vergebens. Martin Sheen verkörpert den absoluten Unsympathen, der sich für den Allergrößten hält, und das auch raushängen lässt. Sissy Spacek dagegen ist das scheinbar brave Mädchen aus wohlbehütetem Elternhaus, doch auch sie lässt das alles mehr oder weniger über sich ergehen und zieht mit ihrem Lover mordend durch die Badlands. Dies ist vielmehr eine Geschichte über zwei Aussenseiter, die irgendwo im Nirgendwo ein unbedeutendes Dasein fristen, und sich schlichtweg für besser als der Rest der Menschen dort halten. Und das zeigt Malick auch einfach. Zwei Soziopathen im Blutrausch. Konträr dazu die wunderbaren Landschaftsaufnahmen und die ruhige Musik sowie der allgemein sehr ruhige (fast schon poetische) Stil des Films. Dies verdeutlicht nur den Wahnsinn, der sich in "Badlands" abspielt, aber auch ein bisschen den Wahnsinn und die Selbstüberschätzung in uns allen, wenn einem das soziale Ansehen und Umfeld egal zu schein scheint, und man über Leichen geht, nur um frei zu sein, doch im Endeffekt - wie die Protagonisten in "Badlands" - nicht erkennt, was man da tut, und sich trotz allem aufgrund der Schönheit der Natur und des Lebens wieder nach einem Leben in einer zuvor verhassten Welt sehnt, obwohl es für einen Weg zurück dorthin längst zu spät ist.




Für mich persönlich wohl eines der besten Regiedebüts überhaupt, da Malick, der hier sogar einen Cameo Auftritt hat, sowohl seine Darsteller als auch sein Werk auf technischer und inszenatorischer Ebene zu jedem Zeitpunkt völlig im Griff hat. "Badlands" mag zwar nicht der spannungsgeladenste Film aller Zeiten sein, dennoch fesselt er mich, da ich als Zuschauer einfach jedes Mal weiß, dass ich hier ein gar großartiges Werk sehe, von dem ich keine Sekunde missen möchte.



9.0/10


Autor: MacReady