Melville im Jahre 1969, mal abseits des französischen Gangsterfilm, dafür voll drin in der Vergangenheit und im Geiste seiner eigenen Persönlichkeit. Fürs Erste ungewöhnlich, aber nicht einzigartig in Jean-Pierre Melvilles Filmographie. Melville vermittelt in »Armee im Schatten« nun also ein recht erstarrtes Bild der Résistance und von deren Kämpfern, beruhend auf eigenen Erlebnissen während des Krieges. So trifft Melvilles geprüfte Nüchternheit auf die Kälte und Ödnis der Szenerie, vermischt mit einem Roman von Joseph Kessel. Es ist kühl. Sogar ziemlich unterkühlt und es regnet und regnet. Schon im Intro: Regen! Was für ein mistiges Wetter. Was für ein finsterer Film. Und dann entschleunigt Melville auch hier das Tempo, um die Tristesse der Situation zu verdeutlichen. Düster muss er sein. Dafür gibt´s schließlich auch den Negativfilm zur Abrundung mit grauen Farben und vernebelten Himmel. Die Kamera hält die nötige Distanz zu Figuren und Geschehen, scheint präzise jede Szene zu analysieren, wie auch die Protagonisten in dieser. Somit präzisiert Melville das Verfahren von der Einfachheit zu der erdrückenden Intensität. Einerseits erzeugt er damit einen verblüffend sachlichen Erzählton, entfernt sich aber andererseits noch weiter von seinen Protagonisten - letzteres ist selbstredend nicht negativ zu vermerken, sondern macht Melvilles Film vielleicht sogar noch um einiges faszinierender.
Äußerlich geben sie sich zumeist kühl, die innere Charakterisierung erfolgt aus dem Off, mit welchem Melville die Gedankengänge seiner Protagonisten beleuchtet. Man scheint jeden Blick, der heraussticht, absorbieren zu wollen und jede Gestik wird aufmerksam beäugt. So zerrüttet, zerstückelt und zerstört Melville immer weiter das oftmals positive, überschwängliche Bild der Résistancekämpfer, das hat nichts heldenhaftes, sondern zermürbendes und dreckiges. Zugleich stellt er dabei seine Figuren auch vor moralische und seelische Konflikte und Fragen, reflektiert simultan dazu über Sinn und Wirkung der Aufopfernden, bis zur ernüchternden Erkenntnis. Dazu braucht es die große Präzision der französischen Mimen: Lino Ventura (fast verfremdet mit Brillengläsern) als Fokus und Simone Signoret als tatkräftige und geduldige Emanzipierte und ansonsten übernommen Jean-Pierre Cassel, Crauchet und Meurisse wohl gekonnt ihre Rollen. Äußerlich Unbekannte, innerlich zerrissen und gefesselt. Die Atmosphäre als Netz, das stetig dichter und dichter wird, schwerer und schwerer. Die Kamera bleibt aber gemäßigt, dabei aber detailliert. Bleibt in ihrer Entschleunigung beharrlich wie auch Melvilles Erzählstil selbst. Die Höhepunket wohl gesondert und durchaus spärlich verteilt, in dieser Hinsicht aber auch treffend und von eingeschlagender Kraft in der Trostlosigkeit. Hier erfolgt nun die absolute Ernüchterung: Die Welt als pessimistische Monotonie. Das Zeitporträt malt Melville eindringlich wie authentisch und mit einer Nachwirkung, die einer bitteren Pille gleicht.
8.5 / 10
Autor: Hoffman
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