Samstag, 10. November 2012

Vorsicht! Craven elektrisch geladen - Kritik: Shocker



»We can't go killing people just to get Pinker out of their bodies.« - Schon beachtlich wie weit sich das Gesamtwerk von Wes Craven doch spannt in Anbetracht seiner vielseitigen Entwertung beziehungsweise Verwendung des Horrorfilms. Vom einstigen Terrorkino, zum kultigen Teenie-Slasher bis zum Werwolf und zurück zum Abgesang der alten Tage und ironische Verbeugung vor den eigenen Genrekonventionen. Und irgendwo dazwischen lauert dieser kleine Spaß, der "Shocker" von Craven aus dem Jahre 1989, obgleich eine Kategorisierung des Films tatsächlich nicht allzu schwer sein sollte. Zumindest für den, der sich mit Cravens Gesamtwerk auskennt und seine Selbstzitate und Anspielungen versteht wie schätzt. Denn wie man mir bereits vorweg sagte, seie "Shocker" sehr wohlals zweiter Versuch eines »neuen« Serienkillers im Sinne Freddy Kruger konzipiert, wobei dieser hierbei wohl auch am meisten rezitiert wird, insofern stimme ich der Idee zumindest davon teils zu. An sich wäre ich andererseits auch nicht abgeneigt zu behaupten, dass es sich hierbei um ein recht eigenständiges wie eigenwilliges Werk von Craven handelt -  eine kleine Horrorkomödie vom Meister, in dem er mal wieder Selbstironie beweisen will. Ein Freudenfest. In Hinsicht seines eigenen Gesamtwerks und seiner Kultgestalt Freddy Kruger, zumindest auf deren Spuren tastet er sich voran.




Wie George A. Romero schon einst meinte ist es ein geradezu ein schmaler Grat zwischen Horror und Humor, dadurch auf welche Weise ein Filmemacher diese Groteske daran auslotet und inwiefern er diesen Horror schildert. Wes Craven dazwischen also, die Thematik des »switchenden« Serienkillers ist da durchaus originell gewählt. Craven manifestiert den Franchise-Gedanken mit einer Referenz zu Kruger und den Träumen des Teenangers Jonathan (passend: Peter Berg), der scheinbar eine innere Verbindung mit jenem hat und doch kann er den Tod seiner Adoptivfamilie nicht verhindern kann. Einzig sein Adoptivvater und Detektiv (überspitzt: Michael Murphy) bleibt ihm, der jedoch verstört durch diesen Vorfall und so begibt man sich selbst auf die Jagd nach dem wahnsinnigen Fernsehmonteur Horace Pinker (richtig schön böse: Mitch Pileggi). Darauf folgen wilde Verfolgungen, ein Pakt mit dem Satan, Elektrizität als Fortbewegung, Körperjumps, Fluchende Mädchen und das Durchexerzieren der verschiedenen TV-Programme. Die Absurdität und Übernatürlichkeit des Plots ist in jeder Szene spürbar und durchaus amüsant zu betrachten, auch wenn Craven manche seiner humoristischen Einlagen etwas brachial anpackt und es so auf mich zumindest teils anfangs etwas plump wirkte.



Wenigstens serviert er dies mit charmanten Beigeschmack und einem durchaus vorhandenen Trashwert in Anbetracht der Story und dessen Geleit ins ad Absurdum und kreiert somit doch einem mehr als ansehnlichen Genrecocktail. Was zwar zur Folge hat, dass Cravens Film teils über alle Maßen überambitioniert wirkt, aber ansprechend in seiner Einfachheit. Natürlich liegt die wahre Faszination an Cravens "Shocker" in seinen vielseitigen Selbstzitaten und Referenzen, die er über die Laufzeit gekonnt verteilt und immer wieder aufs neue originell aufgreift. Sogar ein kleiner (symbolischer) Teil an medialer Kritik ist duchaus präsent. So ist auch die typische Handschrift deutlich erkennbar an seinen oftmals eingesetzten (liebenswerten) Stereotypen, hierbei Klischees der gehobenen Klasse. Besonders dabei schimmert nochmal der Ansatz-Krugers durch. Jedoch ganz zufrieden ist man nicht: Die Stilmittel teils zu unausgegoren, der Humor doch teils etwas abwegig-albern geraten - besonders anfangs, wenn auch munter dahererzählt, verliert er so teils letztlich doch seine Storypfade und mag irgendwie in seiner überzogenen Charakterkonstellation überspannt wirken.



Und das trotz der Tatsache, dass Craven charmant sein Spiel mit Traum und Wirklichkeitebenen vorantreibt und so auch in Hinsicht des Ideenreichtum sein Werk amüsant zu betrachten ist. Wobei man daher auch die waghalsige Sachzerstörung nicht außer Acht lassen sollte wie auch, dass die Filmlogik an sich eine wenig angezapfte Leitung bleibt. Dennoch ist dies insofern mehr als praktisch, dass Craven dabei sich nicht mit Erklärungen aufhält, sondern weiterhin turbulent inszeniert, in dem er wunderbar gewisse Genrekonventionen unterbindet. Somit seiner eigenen (etwas diffusen) Filmstruktur folgt, auch wenn er dabei erst richtig Fahrt in der zweiten Hälfte aufnimmt, da aber mit der Absurdität bricht und so Cravens Spielfreude unverkennbar ist.




Ironisch wird dazu der dramatische Score eingesetzt, der eigentlich im Gegensatz zu Cravens Groteske steht, aber so auch einen weiteren besonderen Stellenwert in seinem Film einnimmt als abrupte Ernsthaftigkeit des Films und wirklich abwechslungsreich komponiert wurde, mit vielen bekannten Motiven und an sich voller Elan, teils morbide, teils geschwindt und so auch mit gewissem Überrraschungseffekt verziert, was ich als durchaus förderlich hierfür sehen würde. Dazu ein ausgeflippter Rock-Soundtrack und da macht die Mischung Freude. Gerade in der Gegensätzlichkeit zu Cravens offener, abgedrehter Art, die fast einer kleinen filmischen Genretour ähnelt - in bester Tradition des Genres und Cravens Gesamtwerk. An sich macht das "Shocker" schon zu einem sympathischen und innovativ beleuchteten Werk, ja mit  bisweilen brachialer und überspannter Strukturen. Aber ansonsten darf Cravens Film auch gerne als kleines, aufgeladenes, durchgeknalltes Fanboy-Bonbon mit seltsam-elektrischen Charme gesehen werden.



6.0 / 10

Autor: Hoffman

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