Mittwoch, 23. April 2014

Warten und Verweilen im Flughafenterminal - Kritik: Orly (2010)



Ruhig beobachtend verbindet und vereint Angela Schanelec in ihrem Film Menschen am Flughafen von Orly mit der Frage: Was verbirgt sich hinter ihnen? Hier laufen Menschen aneinander vorbei, treffen sich, unterhalten sich und verschwinden wieder. Der Flughafen ist (oder könnte) eine eigener kleiner Mikrokosmos sein zwischen den Flügen und in den Wartezeiten. Die Kamera blickt starr auf diese Geschehnisse, während nebenher auch Menschen im Bild für kurze Zeit verweilen, um sich gleich darauf weiterzubewegen. Schanelec beobachtet das nüchtern und unprätentiös. Die Bilder sind glasklar. Sie untersucht nicht das große Ganze eines Flughafens, sondern zieht sich eher in die kleinen Geschichten verschiedener Menschen zurück. Es ist eigentlich ein ruhender Film, der von seinen Dialogen getrieben wird, während um diese kleinen Geschichten herum Eile herrscht. Bestärkt wird das auch durch die Geräuschkulisse, welche das Ganze lebendig erscheinen lässt.



Diese Geschichten, das sind aber Geschichten, die nur bedingt mit der Atmosphäre eines Flughafens verbunden sind, die man doch hätte finden können. Manche Geschichte erscheint etwas unmotiviert, wie jene, in der es um einen alten Mann geht, der eine junge Frau verlassen hat und ihr einen Abschiedsbrief hinterlassen hat, insgesamt überwiegen aber die interessanten und ansprechenden Momente. Denn es ist angenehm dem zu zuhören, wenn man sich erstmal darauf eingelassen hat, aufgrund der Atmosphäre, dieser alltäglichen Flüchtigkeit, die in den Bildern vorliegt. Das demnach zu beobachten, ist faszinierend. Die stärkste Episode ist die zwischen Mutter und Sohn, die gerade auf dem Weg zur Beerdigung des Vaters und Ex-Mannes sind, die Mutter erzählt von einem Ehebruch, während der Junge ihr seine Homosexualität offenbart. Die schwächste Episode dagegen bildet das - einzige - deutsche Paar, jung und hohl. Da wird es dann unfreiwillig komisch und unbeholfen. Es ist aber auch gerade die Episode, in welcher der Film mit sich selbst bricht und ein Song eingespielt wird, der das Ganze sentimental (und auf den Film an sich bezogen unpassend) kommentiert. Es ist zudem furchtbar, wie aufdringlich das dabei noch ist, sodass die natürliche Umgebung und Atmosphäre, die der Flughafen liefert, gestört werden. Das ist ein Abbruch. Eher ermüdend ist auch das Voice-Over am Ende des Films, welches ebenfalls zu der Episode des älteren Mannes und der jungen Frau gehört. Und trotz dem hier und da auftretenden faden Beigeschmack, habe ich diesen Film doch genossen, sodass letztlich ein positiver und zufriedener Eindruck von diesem Film bei mir zurückblieb.


6.5 / 10


Autor: Hoffman 

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