Donnerstag, 17. Oktober 2013

Also sprach Jack Nicholson - Klassiker der Extraklasse: Beruf: Reporter (1975)


Jack Nicholson aka. David Locke aka. David Robertson aka. Wer eigentlich? bricht aus. Warum, ist nie vollständig klar. In der kargen und lebensfeindlichen Umgebung der Wüste bietet sich für ihn die Chance, seine alte Identität einfach hinter sich zu lassen. Was zunächst nach romantischer Abenteuerlust klingt, wird mit zunehmender Laufzeit zu einer menschlichen Tragödie. Antonioni nimmt sich dabei alle Freiheiten, die ihm als Regisseur zur Verfügung stehen, und legt mit seiner ruhigen, teils melancholischen, teils beklemmenden Bildsprache einen undurchsichtigen Schleier über seine Hauptfigur. Man kann letzten Endes nur darüber mutmaßen, was die Motivation hinter Lockes abrupten Rollentausch ist. So sicher er sich im Moment des Rollenwechsels war, desto unsicherer verhält er sich mit seiner neuen Identität. Ob er sich der Konsequenzen nicht bewusst war, und einfach frei von seinem vorherigen Leben sein wollte, oder ob er insgeheim, angetrieben von einer nicht weiter erklärten Todessehnsucht, ins Verderben schlittern wollte, bleibt auch nach dem Abspann mehr oder weniger offen. Allgemein kann nahezu jede Szene in diesem Film ambivalent gedeutet werden: Sind die langen Momente, in denen nahezu kein Wort fällt, ein Zeichen der Loslösung und Befreiung von seinem alten Leben, oder zeigen sie die Verlorenheit und die Tragik der kompletten Geschichte? Nach einer Reise quer durch Europa inszeniert Antonioni das Ende seines Films fast genau so, wie er begann: Sein Protagonist ist jetzt in der selben Lage wie der, dessen Identität er übernahm. Man kann die Ähnlichkeit von Anfangs- und Schlussszene als eine Art Fingerzeig auf eine ewige Wiederkunft der Dinge verstehen, was dem Film neben seiner darstellerischen und inszenatorischen Qualitäten auch eine philosophische Dimension verleiht. David Locke war nicht der Erste, der von seinem bisherigen Leben genug hatte, er wird es auch nicht bleiben. Genau so wird er auch nicht der letzte gewesen sein, der daran zerbricht. Und ob das jetzt gut oder schlecht ist, ist auch wieder so eine Sache, denn irgendwo beneidet man als Zuschauer Locke für seine Freiheit - auch wenn sie nur von kurzer Dauer war.

9.0/10

Autor: MacReady

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