Dienstag, 19. November 2013

Hilfe, die roten Ameisen kommen! - Klassiker der Extraklasse: Formicula (1954)





»Sie kommen! Sie kommen!« - Faszinierend! Faszinierend ist es doch wie diese Gattung alter Horrorfilme (= Monsterfilme) auf ihre besondere Weise funktionieren, wie etwa mit Legendenbildung, also dem Motiv der Abgeschiedenheit, hier in Hinsicht von weiter Fläche und Wüstenland (in New Mexiko). Nicht zu vergessen ein abrupter Einstieg - das Wie, das Was und das Wo erschließt sich erst später. Damit baut man Stimmung auf und spielt förmlich mit den Erwartungen des Zuschauers, selbst wenn der den Ausgangspunkt der Geschichte bereits kennt; so macht es dann Freude das Rätsel mit den Protagonisten zu lösen. Die sind in diesem Fall Polizisten. Warum? Das Ergebnis wird nicht überraschen, ist aber zweifellos schlau erdacht worden. Die Polizisten werden hier zu Symbolen von Recht und Ordnung, so unterläuft man zum einem eine tiefere Zeichnung, da sie natürliche Freundbilder des damaligen Kinozuschauers sind, schafft es aber auch zum anderen sie zur Sympathiefigur für den Zuschauer zu machen. Das ist zwar äußerst theoretisch, gefällt mir aber sehr gut. Auch wenn die meisten Charaktere so auch etwas ausdruckslos daherkommen, so können sich nur wenige von ihnen festigen.




Erst wirds kriminalistisch: Ein mysteriöses Kind, das unter Schock steht. Der Wohnwagen (= das Heim der Kleinen) ist ein Trümmerhaufen. Untersuchungen, die beginnen und zu Verwüstungen und Fragezeichen führen und nur zu einen Schluss zu lassen: Hier fand ein Ausbruch, kein Einbruch statt! Gordon Douglas führt den Zuschauer auf falsche Fährte und legt trotzdem immer wieder wert auf kleine Details, wie Zucker, welche die Spekulationen langsam verhärten lassen. Das ist hier gar kein Ermittlungsfall! Sondern viel mehr und das auch noch in einer so schön atmosphärischen Kulisse, von knochigen Bäumen und wilden Sträuchern und unheimlichen Geräuschen aus dem Nichts. Damit lauert Gefahr, die noch verstärkt wird durch einen anhaltenden Sandsturm, der für ein undurchsichtiges und unsicheres Terrain sorgt. Das ist echter Kinocharme vergangener Tage. Menschen verschwinden, alles wirkt ungereimt. Wer ist er und gibt es überhaupt einen Mörder? Es erweitert sich der Protagonistenkreis (größtenteils) aus Justiz und Militär, mit FBI, Süßschnäbeln und Generälen, da dürfen zwei Wissenschaftler natürlich nicht fehlen. An dieser Stelle wirkt »Formicula« fast wie ein Gegenentwurf zu dem ein Jahr später folgenden Arnold »Tarantula«, dort handelt es sich um Normalbürger. Das Szenario bleibt dort stetig in der kalifornischen Wüste verankert und es ist gibt nur eine Antagonistin, die eine Spinne. Hier ist es eine ganze (liebenswerte gemachte) Ameisenkolonie, der man sich entgegen stellen muss und das sind echte Giganten: Entstanden durch die Versuche einer Atombombe, sodass sie die Radioaktivität mutieren ließ. Denn Ameisen in Aktion, das sind Krieger, die Kriege führen (auch gern unterirdisch; was für eine tiefsinnige Analyse von Ameisen) und Instinkt und Talent besitzen, also gilt hier Panikeindämmung!



Das ist also ebenso Paranoiakino aus dem kalten Krieg, welches die Ameisen zur »roten Bedrohung« werden lässt. Daneben sticht mir da doch ebenso die starke und moderne Frau ins Auge, eine Wissenschaftlerin, die sich gegen die Männer mit ihrem Forscherdrang durchsetzt. Damit war Douglas Herrn Arnold schon mal vorraus. Die Höhepunkte bilden auch der Abstieg in das Nest der Ameisenkolonie, ich würde an dieser Stelle stark ins schwärmen geraten, aber ich würde mich wiederholen, von wegen Charme. Aber nichts davon soll an die Bevölkerung dringen, die Reporter würden unangenehme Fragen stellen, ob der kalte Krieg heiß geworden wäre. Deutliche politische Verweise auf die Angst und Paranoia der Bürger sind zu finden. Mit der Geheimhaltung greift aber Douglas aber auch mehrmals seine kriminalistischen Verfahren und Methoden auf, samt dem Verhör von Augenzeugen. Auch wenn die Handlungsverlagerung von Wüste zu Stadt für mich dem Plot etwas entgegenwirkt, aber der Showdown in den dunklen Abwasserkanälen entschädigt das. Faszinierend übrigens, dass der junge Leonard Nimoy einen kurzen Auftritt hat. Und die Botschaft gegen die Atombombe und deren unkalkulierbare Gefahr, der niemand entgegen sehen könnte, serviert wird als kurzweiliges Ameisenkino.



7.0 / 10


Autor: Hoffman

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