Freitag, 7. März 2014

Die Geschichte einer Amour Fou - Klassiker der Extraklasse: Die Geschichte der Adéle H. (1975)




Die Geschichte der Adele H., das ist die Geschichte einer Amour Fou, die Truffaut hier erzählt. Das »H« in ihrem Namen steht für Hugo. Sie ist die Tochter des berühmten und von Truffaut verehrten Victor Hugo. So führt dieser Film, in dessen Fokus eine Frau und deren Liebeswahn steht, von Truffaut auch wieder in vergangene Zeiten. Vergangen, das ist eigentlich auch die Musik, die Truffaut für seinen Film verwendete. Sie stammt vom Komponisten Maurice Jaubert, der 1940 starb und dessen musikalische Untermalung sowohl schnelle und bedrängende als auch elegante Klänge umfasst. Besonders die disharmonischen Klänge geben passend Stimmung und Charakter des Films wieder, sodass dadurch das Gezeigte eindrucksvoll untermauert wird. Truffaut konzentriert sich ganz und gar auf seine Protagonistin, die von Isabelle Adjani leidenschaftlich, zerbrechlich und doch impulsiv verkörpert wird. Es ist ein Film, der Adjani gehört und ihr auch gehen sollte, laut Truffaut. Und auch die Bilder kleben an seiner Protagonistin.



Anfangs verschleiert Truffaut noch die Geschichte: Eine Frau kommt von London nach Halifax. Sie hat einen falschen Namen angenommen. Langsam wird das Thema des Films erkennbar. Es geht um die Liebe von Adele zu einem gewissen Leutnant Pinson, den sie in London kennen lernte und für den sie alles tun und dessen Frau sie gerne werden würde. Sie läuft ihm nach, sie ist sehnsüchtig nach ihm und würde mit ihm bis zu ihrem Tod zusammenbleiben. Sie ist eine Frau, die sich nach dem Absoluten sehnt. Er hingegen liebt sie nicht mehr. Er lebt für das Provisorische. Für ihn war das in London mit ihr nur eine weitere Affäre. Es gab vor ihr und es wird auch nach ihr Frauen für ihn geben, sagt er. Truffaut geht hier also wieder um die Obsession einer Frau, welche er diskret erzählt und welche gepflegt ausgestattet ist. Jedoch hetzt er oftmals von Szene zu Szene, sodass sie sich anfangs nur schwerlich entfalten können (als Beispiel wäre hier die Szene zu nennen, in der Adele einem Soldaten, der von Truffaut selbst gespielt wird, den sie für Pinson hält, nachläuft). Sein Film wirkt in dieser Hinsicht recht zusammengepfercht. Dabei gehört auch dieses Werk zu Truffauts düsteren Filmen. Aufregend ist wie er die Alpträume Adeles vom Ertrinken visualisiert und so auch die erdrückende Last, die auf ihr liegt, verdeutlicht.



Sie nimmt einen falschen Namen an, um sich vor ihrer Identität zu flüchten. Sie versucht diesem Namen zu entkommen. Auf ihr liegt der Druck des Namens ihres Vaters und in diesem Sinne versucht sie ihre Ziele auch umzusetzen. Es ist wohl auch der Versuch einer Emanzipation. Sie versucht das Absolute zu erlangen, ein Wunsch, in den sie sich aber zu drastisch hineinsteigert. Sie versucht die Liebe des Leutnants zu erzwingen. Sie ist bereit dafür alles zu geben. Sie leidet und verzweifelt. Sie versucht diese absolute Liebe seinerseits unbedingt zu erreichen. Sie kann nicht loslassen und lehnt auch die Annäherungen eines Buchhändlers vollkommen ab. Auch Briefe spielen hier als Mittel der Kommunikation eine bedeutende Rolle, nicht nur, dass sie die Handlung vorantreiben, sondern auch, dass sie das Scheitern der Kommunikation aufzeigen. Briefe sind hier trügerisch. Da Adele ihren Eltern per Brief Dinge vorlügt und sich damit natürlich auch selbst belügt. Sie gibt sich ganz dieser eigen geschaffenen Illusion hin. Die Liebe hat hier also eine zerstörerische beziehungsweise selbstzerstörerische Wirkung. Nach außen gibt sich Adele vielleicht resolut, innerlich ist sie aber zerrissen und wird letztlich an dieser Liebe zerbrechen und zerfallen. Und während ihr Vater eine große und imposante Gedenkfeier bekommen wird, wird sie stets in seinen Schatten bleiben und unerkannt und als gebrochene Frau sterben.



7.0 / 10

Autor: Hoffman 

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