Donnerstag, 23. Mai 2013

Auf nach Alaska! - Kritik: Into The Wild (2007)




Was mir nach der ersten Sichtung seit Jahren auffällt, ist vor allem, dass "Into The Wild" der pure Angriff auf die Emotionen und heimlichen Sehnsüchte des Zuschauers im globalisierten und technokratischen 21. Jahrhundert ist. Pearl Jam Frontmann Eddie Vedder haut einem alle paar Minuten den nächsten "I wanna be free"-Song von der Westerngitarre um die Ohren. Der Protagonist erlebt auf seiner Reise - vom Schluss und kleineren Übeln mal abgesehen - fast nur wunderbare und schöne Abenteuer, und scheint mit dem Ausstieg aus der Gesellschaft genau die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Natürlich wird auch alle paar Einstellungen darauf hingewiesen, wie gebildet der Bursche ist und wie viel er ließt: Tolstoi, London, Hemingway, usw... Wow, ich muss zugeben, dass ich diese Autoren - zumindest die Bücher, die ich von ihnen kenne - auch sehr schätze, jedoch frage ich mich, was das alles soll, denn wirklich darauf eingehen tut der Film nicht. Es dient in meinen Augen eher dazu, den romantisch-zivilisationskritischen Intellektuellen im Zuschauer anzusprechen, der am liebsten auf alles scheißen würde und alá Jack London oder Ernest Hemingway um die weite Welt reisen wöllte und ein Abenteuer nach dem nächsten erleben möchte. Das ist ein schöner Gedanke. Das muss ich zugeben! Gerade in Zeiten, in denen sich ein Großteil des Alltags irgendwo zwischen Normen und Daten abspielt, die scheinbar alles Jugendliche und Abenteuerliche unmöglich machen.



Doch wer mal bspw. Jack London gelesen hat, der wird wissen, dass so ein Trip auf eigene Faust nach Alaska alles andere als ein romantisches Abenteuer wird. Die meiste Zeit läuft es nämlich total scheiße, und man wöllte am liebsten wieder nach Hause, sich ne Kippe anstecken, das dritte Bier vor 12 Uhr aufmachen, noch schnell 'ne Tiefkühlpizza in den Ofen schieben und lieber so einen schönen Film in der Glotze ansehen. Sehr zwiespältig. Aber trotz allem schafft es dieser Film, mich auf dieser Ebene tatsächlich anzusprechen. Ich gebe offen zu, dass ich ihm mehr oder weniger auf den Leim gehe bzw. ihm auf den Leim gehen will, da er einfach innerste Gefühle und Sehnsüchte auf sehr direkte Weise anspricht. Klar, man könnte jetzt noch mit dem Ende dagegen argumentieren. Aber für mich zumindest hat der Tod von Chris eher etwas Erlösendes und Verklärendes, denn etwas Pessimistisches. Wirklich ernst wird "Into The Wild" leider selten.
An der Stelle könnte ich einen Vergleich zu "Forrest Gump" ziehen, zu dem ich lange ein ähnliches Verhältnis hatte, und der mich mittlerweile nur noch nervt. "Into The Wild" bleibt aber - vorerst - trotzdem ein Film, den ich mag, aber der auch blendet und dessen Schrei nach Freiheit mit jeder Sichtung leiser wird, ehe er in einigen Jahren für mich wohl verstummt...

6.0/10

Autor: MacReady


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen